15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 17505

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Urteil15.01.2014BundesgerichtshofVIII ZR 111/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2014, 331Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 331
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Cottbus, Urteil12.04.2012, 43 C 393/11
  • Landgericht Cottbus, Urteil27.03.2013, 1 S 86/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.01.2014

BGH zur Einbeziehung allgemeiner Geschäfts­bedingungen bei einem konkludent geschlossenen Fernwärme­versor­gungs­vertragErgänzende Allgemeine Versorgungs­bedingungen müssen Einbeziehungs­vereinbarung beinhalten

Der Bundes­ge­richtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, welche Anforderungen an die Einbeziehung allgemeiner Versorgungs­bedingungen bei einem durch schlüssiges Verhalten abgeschlossenen Fernwärme­versor­gungs­vertrag zu stellen sind.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die beklagte GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks in Cottbus. Nach dem Auszug des Mieters, dessen Fernwär­me­ver­sor­gungs­vertrag mit der Klägerin aufgrund einer wirksamen Kündigung des Mieters geendet hatte, entnahm die Beklagte von der Klägerin bereitgestellte Fernwärme für ihr Grundstück. Mit einer "Vertrags­be­stä­tigung" begrüßte die Klägerin die Beklagte daraufhin als neue Kundin, mit der ein Vertrag nach § 2 der AVBFernwärmeV* zustande gekommen sei. Sie übersandte der Beklagten mit weiterem Schreiben vom 19. September 2008 den Entwurf eines Versor­gungs­ver­trages. Dieser sah eine dreijährige Vertrags­laufzeit sowie dessen Verlängerung um je ein Jahr vor, sofern der Vertrag nicht mit einer Frist von neun Monaten gekündigt würde.

Uneinigkeit bei der Vertrags­laufzeit

Die Beklagte unterzeichnete diesen Vertrag nicht. Sie erklärte im März 2009 "mit sofortiger Wirkung" die Kündigung des Vertrags. Die Klägerin meint, der Vertrag ende erst im September 2010, weil in ihren Ergänzenden Allgemeinen Versor­gungs­be­din­gungen eine Mindestlaufzeit von einem Jahr und eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vor Ablauf der jeweiligen Vertragszeit für den Kunden vorgesehen seien. Für den Zeitraum vom 28. März 2009 bis 29. Oktober 2009 begehrt die Klägerin unter anderem den für den Abrech­nungs­zeitraum angefallenen Grundpreis, insgesamt Zahlung von 4.633,19 Euro nebst Zinsen und Mahngebühren. Die Beklagte hatte in diesem Zeitraum keine Fernwärme mehr entnommen.

Revision bleibt erfolglos

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision, mit der die Klägerin im Wesentlichen die Wieder­her­stellung des amtsge­richt­lichen Urteils begehrte, hatte keinen Erfolg.

Beklagte weder an Mindestlaufzeit von einem Jahr noch an neunmonatige Kündigungsfrist gebunden

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass die Beklagte weder an die in den Ergänzenden Allgemeinen Versor­gungs­be­din­gungen der Klägerin jeweils vorgesehene Mindestlaufzeit von einem Jahr sowie die Kündigungsfrist von sechs Monaten noch an die in § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV* geregelte neunmonatige Kündigungsfrist gebunden ist.

Einbe­zie­hungs­ver­ein­barung wäre erforderlich gewesen

Die Ergänzenden Allgemeinen Versor­gungs­be­din­gungen der Klägerin sind nicht Vertragsinhalt geworden, da es an der auch im kaufmännischen Verkehr erforderlichen Einbe­zie­hungs­ver­ein­barung fehlt. Die bloße "Branchen­üb­lichkeit" reicht für die Beachtlichkeit Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen nicht aus. Auch aus § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 3 AVBFernwärmeV* ergibt sich nicht, dass diese unabhängig von einer Einbe­zie­hungs­ver­ein­barung (sozusagen "automatisch") Vertragsinhalt geworden wären. Denn beide Bestimmungen treffen keine Regelung zur Einbeziehung der vom Versor­gungs­un­ter­nehmen gestellten Bedingungen in den Vertrag. An die in § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV geregelte Kündigungsfrist ist die Beklagte nicht gebunden, weil diese Vorschrift nur für Verträge mit fester Laufzeit gilt.

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)

Erläuterungen
§ 1 Gegenstand der Verordnung

(1) Soweit Fernwär­me­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen für den Anschluss an die Fernwär­me­ver­sorgung und für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertrags­be­din­gungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (allgemeine Versor­gungs­be­din­gungen), gelten die §§ 2 bis 34. Diese sind, soweit Absatz 3 und § 35 nichts anderes vorsehen, Bestandteil des Versor­gungs­ver­trages.

§ 2 Vertrags­ab­schluss

(1) Der Vertrag soll schriftlich abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat das Fernwär­me­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen den Vertrags­ab­schluss dem Kunden unverzüglich schriftlich zu bestätigen. (…).

(2) Kommt der Vertrag dadurch zustande, dass Fernwärme aus dem Verteilungsnetz des Fernwär­me­ver­sor­gungs­un­ter­nehmens entnommen wird, so ist der Kunde verpflichtet, dies dem Unternehmen unverzüglich mitzuteilen. Die Versorgung erfolgt zu den für gleichartige Versor­gungs­ver­hältnisse geltenden Preisen. (…)

§ 32 Laufzeit des Versor­gungs­ver­trages, Kündigung

(1) Die Laufzeit von Versor­gungs­ver­trägen beträgt höchstens zehn Jahre. Wird der Vertrag nicht von einer der beiden Seiten mit einer Frist von neun Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt, so gilt eine Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre als stillschweigend vereinbart.(…)

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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