18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 14339

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Urteil10.10.2012BundesgerichtshofVIII ZR 107/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2012, 1629Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2012, Seite: 1629
  • IMR 2013, 4Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2013, Seite: 4
  • MDR 2013, 24Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 24
  • NJW 2013, 159Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 159
  • NZM 2013, 20Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2013, Seite: 20
  • WM 2013, 1085Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2013, Seite: 1085
  • WuM 2012, 682Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2012, Seite: 682
  • ZMR 2013, 104Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2013, Seite: 104
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil10.10.2012

Anforderungen an eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs des MietersBGH: für fristlose Kündigungen geltende Vorschrift ist nicht auf ordentliche Kündigungen übertragbar

Die für fristlose Kündigungen geltende Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, die im Falle einer rechtskräftigen Veruteilung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftger Verurteilung erlaubt, ist nicht auf ordenliche Kündigungen anwendbar. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

In dem vorzuliegenden Streitfall ist der Beklagte seit 1972 Mieter einer Wohnung in Berlin. Die Klägerin ist durch Eigentumserwerb im Jahr 2003 in die Vermie­ter­stellung eingetreten.

Beklagter zur Zahlung des Heizkos­ten­rück­standes verurteilt

Nach dem Anschluss der Wohnung an die Fernwärme verlangte die Klägerin ab März 2008 neben der Grundmiete von 252,81 Euro Heizkos­ten­vor­schüsse in Höhe von monatlich 70 Euro. Dem Beklagten waren zu diesem Zeitpunkt vom Jobcenter Leistungen für Heizung und Unterkunft bewilligt, wobei das Jobcenter monatlich 252,81 Euro direkt an die Klägerin und 50 Euro auf ein vom Beklagten benanntes Konto überwies. Der Beklagte zahlte die Heizkos­ten­vor­schüsse zunächst nicht. Für Mai und Juni 2009 zahlte er am 1. Juli 2009 100 Euro und danach monatlich 50 Euro. Mit Anwalts­schreiben vom 5. Oktober 2009 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristgemäß zum 31. Juli 2010, weil der Beklagte die Heizkos­ten­vor­aus­zah­lungen für die Monate März 2008 bis April 2009 nicht gezahlt hatte. Der Beklagte wurde in einem Zahlungsprozess am 12. November 2009 zur Begleichung dieses Rückstands verurteilt. Er erbrachte die ausstehenden Zahlungen am 30. Juli 2010. Das Zahlungsurteil wurde am 15. November 2010 rechtskräftig.

Mietrückstand führt zur erneuten Kündigung

Mit Schreiben vom 12. November 2010 kündigte die Klägerin erneut fristgemäß, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt die Miete für den laufenden Monat - die gemäß Mietvertrag monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag zu entrichten ist - noch nicht gezahlt hatte.

Festgesetzte Grenzen für fristlose Kündigung auf ordentliche Kündigung nicht übertragbar

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraum­mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB* wegen Zahlungsverzugs des Mieters erfolgen darf, ohne dass die für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB** erforderlichen Mietrückstände erreicht sein müssen. Da die ordentliche Kündigung im Gegensatz zur fristlosen Kündigung dem Vermieter die Lösung vom Vertrag nur unter Beachtung der gesetzlichen oder der vereinbarten Kündigungsfrist erlaubt, besteht kein Grund, die für die fristlose Kündigung festgesetzten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen. Eine zur ordentlichen Kündigung berechtigende nicht unerhebliche Verletzung der Zahlungspflicht liegt jedoch noch nicht vor, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.

Bereits erste Kündigung beendet Mietverhältnis wirksam

Die Kündigung der Klägerin vom 12. November 2010 war daher entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts unwirksam. Das Urteil des Berufungs­ge­richts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, weil die Kündigung vom 5. Oktober 2009 das Mietverhältnis wirksam beendet hat.

Obdachlosigkeit eines Mieters infolge einer fristlosen Kündigung ist zu vermeiden

Der Bundes­ge­richtshof kam zu dem Entschluss, dass die für fristlose Kündigungen geltende Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB***, die im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung erlaubt, nicht auf ordentliche Kündigungen angewendet werden kann. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, in bestimmten Fällen eine Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu vermeiden. Wegen der bei einer ordentlichen Kündigung einzuhaltenden Kündigungsfrist besteht diese Gefahr jedenfalls nicht in gleichem Maße. Zudem hat der Gesetzgeber im Mietrechts­re­form­gesetz vom 19. Juni 2001 keine anderweitige Regelung getroffen, obwohl ihm die Problematik bekannt sein musste.

*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietver­hält­nisses hat. …

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietver­hält­nisses liegt insbesondere vor, wenn

1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,

**§ 543 BGB: Außer­or­dentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. …

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

3.der Mieter

a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder

b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

***§ 569 BGB: Außer­or­dentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

3. Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außer­or­dent­lichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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