21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 29579

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Bundesgerichtshof Urteil09.12.2020

Kein Anspruch auf Schadensersatz für Mieter nach Auszug aus Mietwohnung aufgrund pflichtwidrigen Verhaltens des VermietersKein Anspruch auf Erstattung für Maklerkosten für Eigentumserwerb

Der Bundes­ge­richtshofs hat zwei Verfahren entschieden, dass ein Mieter, der infolge einer Pflicht­ver­letzung des Vermieters aus der Wohnung auszieht und keine neue Wohnung anmietet, sondern Wohnungs- oder Hauseigentum erwirbt, die zum Zwecke des Eigen­tum­s­erwerbs angefallenen Maklerkosten nicht als Schadensersatz vom Vermieter ersetzt verlangen kann.

Der Kläger im ersten Verfahren (Az. VIII ZR 238/18) war Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Ihm wurde zum 31. August 2012 wegen Eigenbedarfs gekündigt.

Mieter machte Maklerkosten wegen vorgetäuschter Eigen­be­da­rfs­kün­digung geltend

Das Amtsgericht hatte der nachfolgenden Räumungsklage stattgegeben. Während des laufenden Berufungs­ver­fahrens hatte der Kläger unter Einschaltung eines Maklers eine Eigen­tums­wohnung in Berlin erworben. Hierfür hatte ihm der Makler eine Provision i.H.v. 29.543,42 Euro in Rechnung gestellt. In der Berufungs­instanz hatten die Parteien einen Räumungs­ver­gleich geschlossen, worin sich der Kläger zum Auszug bis Ende Februar 2016 verpflichtete. Die Beklagte realisierte den in der Kündigung behaupteten Eigenbedarf nach Auszug des Klägers nicht. Mit der Behauptung, der Eigenbedarf sei nur vorgetäuscht gewesen, nahm der Kläger die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.

Berufungs­gericht bejahrt Anspruch auf Erstattung der Maklerkosten

In der Revisi­ons­instanz stritten die Parteien darüber, ob dem Kläger die für den Erwerb der Eigen­tums­wohnung aufgewendeten Maklerkosten i.H.v. 29.543,42 Euro zustehen. Zur Begründung hatte das einen solchen Anspruch (anders als das Amtsgericht) bejahende Landgericht ausgeführt, der Kläger könne von der Beklagten wegen Verletzung der nachver­trag­lichen Treuepflicht (§ 280 Abs. 1 BGB) auch die für den Ersatz­woh­nungskauf angefallenen Maklerkosten verlangen. Denn die Beklagte sei nicht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, sondern darüber hinaus bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist verpflichtet gewesen, den Kläger über den nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren. Zu dem hiernach erstat­tungs­fähigen Schaden zählten auch die für die Vermittlung der Eigen­tums­wohnung angefallenen Maklerkosten. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich der Kläger dafür entscheide – wie hier – Eigentum zu erwerben oder (nochmals) eine Wohnung anzumieten.

BGH: Maklerkosten zwecks Eigentumserwerb stellen keinen erstat­tungs­fähigen Schaden

Der BGH hat in beiden Fällen entschieden, dass die Maklerkosten, welche die jeweiligen Mieter zwecks Erwerbs einer Eigen­tums­wohnung bzw. eines Hauses zu Eigentum aufgewandt haben, keinen erstat­tungs­fähigen Schaden darstellen. Nach Auffassung des BGH hat das Berufungs­gericht im Verfahren VIII ZR 371/18 eine den Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigende Pflichtverletzung rechts­feh­lerfrei bejaht. Im Verfahren VIII ZR 238/18 hingegen sei bereits eine Pflicht­ver­letzung der Vermieterin nicht rechts­feh­lerfrei festgestellt. Zwar handele ein Vermieter pflichtwidrig und sei dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine Kündigung des Mietvertrags schuldhaft auf einen in Wahrheit nicht bestehenden Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) stütze oder er den Mieter nicht über einen späteren Wegfall des geltend gemachten Eigenbedarfs informiere. Diese Hinweispflicht bestehe jedoch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und nicht – wie vom Berufungs­gericht angenommen – bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist. Ob hiernach der Vermieterin eine Pflicht­ver­letzung vorzuwerfen sei, konnte im Ergebnis offenbleiben. Denn die Schaden­s­er­satz­pflicht des pflichtwidrig handelnden Vermieters umfasse nicht die Maklerkosten, die einem Mieter entstünden, der von der Anmietung einer neuen Wohnung absehe und stattdessen Wohnungs- oder Hauseigentum erwerbe. Zwar stelle der Erwerb von Eigentum an einer Wohnung bzw. einem Hausanwesen vorliegend noch eine adäquat kausale Reaktion des Mieters auf eine (unterstellte) Pflicht­ver­letzung des Vermieters dar. Denn es lag nicht außerhalb des zu erwartenden Verlaufs der Dinge, dass die Mieter den notwendigen Wohnungswechsel zum Anlass nähmen, ihre Wohnbedürfnisse künftig nicht in angemieteten, sondern eigenen Räumlichkeiten zu befriedigen und zu dessen Erwerb einen Makler einschalten.

Aus Besitzverlust wird Eigen­tü­mer­stellung

Jedoch seien die im Zuge des Eigen­tum­s­erwerbs aufgewandten Maklerkosten nicht mehr vom Schutzzweck der jeweils verletzten Vertragspflicht umfasst. Denn eine vertragliche Haftung – hier der jeweiligen Vermieter – bestehe nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der Schaden müsse in einem inneren Zusammenhang mit dem (verletzten) Gebrauch­s­er­hal­tungs­in­teresse des Mieters stehen, was bezüglich der Maklerkosten nicht der Fall sei. Denn die Mieter hätten mithilfe des Maklers nicht lediglich ihren Besitzverlust (an der bisherigen Wohnung) ausgeglichen, sondern im Vergleich zu ihrer bisherigen Stellung eine hiervon zu unterscheidende (Rechts-)Stellung als Eigentümer eingenommen.

Durch Eigentumserwerb entfällt Interesse an Mietbedarf

Der (bisherige) Mieter unterliege als (späterer) Eigentümer hinsichtlich der Wohnungsnutzung keinen vertraglichen Bindungen mehr. Sein Besitzrecht an der Wohnung sei nicht mehr wie zuvor ein abgeleitetes, sondern ein ihm originär zustehendes Recht, das ihm grundsätzlich eine unein­ge­schränkte und eigen­ver­ant­wortliche Nutzungs- und Verfü­gungs­be­fugnis (§ 903 BGB) gebe. Zudem sei dieses (Nutzungs-)Recht nicht zeitlich begrenzt. Demgegenüber gehöre es zum Wesen des Mietvertrags, dass dem Mieter (lediglich) ein Anspruch auf Gebrauchs­über­lassung auf Zeit zustehe. Diese zeitliche Begrenzung sei auch zu berücksichtigen, wenn es um die Bestimmung der Ersatzfähigkeit von Schäden des Mieters in Fällen wie den vorliegenden gehe. Durch den Abschluss des Mietvertrags hätte der Mieter sein Interesse an der Erlangung eines zeitlich begrenzten Gebrauchsrechts gezeigt. Erwerbe er eine Wohnung bzw. ein Hausanwesen zu Eigentum verfolge er bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfs andere Interessen als bisher.

Mieter im zweiten Verfahren begehrte ebenfalls den Ersatz von Kündi­gungs­fol­ge­schäden

In zweiten Verfahren ( Az. VIII ZR 371/18) begehrte der Mieter ebenfalls den Ersatz von Kündi­gungs­fol­ge­schäden. Nachdem das Mietverhältnis der Parteien durch diverse Streitigkeiten bereits belastet war, kündigte der beklagte Mieter Anfang August 2013 das Mietverhältnis fristlos, u.a. deshalb, weil der Vermieter bzw. ein von diesem beauftragter Handwerker den Balkon der Mietwohnung ohne Einverständnis betreten habe. Unter Einschaltung eines Maklers erwarb der Beklagte am 24.08.2013 in der Nähe seiner von der bisherigen Mietwohnung 250 km entfernten Arbeitsstelle ein Einfamilienhaus, das im Dezember 2013 bezugsfertig wurde. Am 30.09.2013 räumte der Beklagte die Mietwohnung und bezog eine Zwischen­un­terkunft. Mit seiner Widerklage nahm der Beklagte den Kläger auf Schadensersatz in Anspruch. Er machte u.a. die Maklerkosten für den Hauserwerb (13.030,50 Euro), die Umzugskosten, die Kosten der Überg­angs­un­terkunft sowie die Kosten für den Umbau und Wiedereinbau seiner Einbauküche geltend.

Widerklage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg

Nach Auffassung des Landgerichts komme zwar grundsätzlich ein Schaden­s­er­satz­an­spruch des Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB in Betracht, weil der Mieter aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietver­hält­nisses berechtigt gewesen sei. Zwar könnten Zweifel daran bestehen, ob die Kündigung überhaupt kausal auf die Pflicht­ver­letzung zurückzuführen sie. Dies könne jedoch dahinstehen, weil die geltend gemachten Schäden jedenfalls nicht ersatzfähig seien. Es seien nur solche Schäden zurechenbar, die bei Anmietung einer Ersatzwohnung in der Nähe der bisherigen angefallen wären. Vorliegend habe der Beklagte jedoch Eigentum erworben und dies unter Verlagerung seines Lebens­mit­tel­punktes. Es handele sich daher weder um vergleichbaren noch um angemessenen Ersatzwohnraum. Vielmehr habe der Beklagte anlässlich der Kündigung seine Lebensumstände so verändert, dass die in der Folge getätigten Aufwendungen nicht mehr zurechenbar auf die Pflicht­ver­letzung des Klägers zurückzuführen seien.

BGH weist zweits Verfahren an das Berufungs­gericht zurück

Der BGH hat das Verfahren an das Berufungs­gericht zurückverwiesen, damit geprüft werden kann, ob dem Mieter ein Anspruch auf Ersatz der weiter geltend gemachten Kündi­gungs­fol­ge­schäden in Form der Umzugskosten, der Mehrkosten für die Überg­angs­un­terkunft sowie der Kosten für den Aus- und Umbau der Einbauküche zusteht. Im Gegensatz zu den Maklerkosten für den Eigentumserwerb stünden diese Schäden noch in dem gebotenen inneren Zusammenhang zur Vertrags­pflicht­ver­letzung des Vermieters. Der Umstand, dass der Mieter sich entschließe, seinen künftigen Wohnbedarf nicht mehr mittels der Anmietung von Räumlichkeiten zu decken, sondern Eigentum zu erwerben, habe bezüglich dieser Schaden­s­po­si­tionen, die anders als die Maklerkosten, bereits in dem durch die Pflicht­ver­letzung des Vermieters herbeigeführten Wohnungsverlust angelegt seien, keinen Einfluss auf die grundsätzliche Erstat­tungs­fä­higkeit. Sofern daher die Pflicht­ver­letzung für die Kündigung kausal geworden sei (was das Berufungs­gericht bisher offengelassen habe), könne die grundsätzliche Ersatzfähigkeit der Kosten für den Umzug und eine Überg­angs­un­terkunft nicht verneint werden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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