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- Landgericht Kiel, Urteil09.12.2016, 5 O 242/12
- Verstoß gegen Schadensminderungspflicht wegen längerer Nichtbehandlung einer unfallbedingt erlittenen DepressionSchleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil21.02.2019, 7 U 134/16
Bundesgerichtshof Urteil21.09.2021
BGH: Keine quotenmäßige Anspruchskürzung bei Verstoß gegen Schadensminderungspflicht wegen unterlassener zumutbarer ErwerbstätigkeitAnrechnung erzielbaren fiktiven Einkommens auf Schaden
Verstößt ein Unfallgeschädigter gegen die Schadensminderungspflicht, weil er die Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit unterlässt, wird das erzielbare fiktive Einkommen auf den Schaden angerechnet. Eine quotenmäßige Anspruchskürzung kommt nicht in Betracht. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In den zugrunde liegenden Fall klagte ein Unfallgeschädigter im Jahr 2012 vor dem Landgericht Kiel gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers auf Ersatz von Verdienstausfallschaden. Der Kläger erlitt als Motorradfahrer bei dem Verkehrsunfall im August 2004 erhebliche Verletzungen. Während das Landgericht der Klage stattgab, hielt das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein eine Kürzung des Anspruchs auf Verdienstausfallschaden ab Oktober 2014 in Höhe von 50 % und ab Oktober 2015 um 75 % für angemessen. Das Oberlandesgericht ward dem Kläger vor seine depressive Störung nicht ärztlich behandelt zu haben und somit seine Erwerbsunfähigkeit schuldhaft selber verursacht zu haben. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Klägers.
Zurückweisung des Falls an Oberlandesgericht
Der Bundesgerichtshof sah einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht durch das Unterlassen einer Therapie noch nicht für gegeben. Seiner Auffassung nach habe das Oberlandesgericht keine ausreichenden Feststellungen zur Therapiefähigkeit des Klägers und somit zur Zumutbarkeit der Therapie getätigt. Der Bundesgerichtshof wies den Fall daher zur Neuverhandlung an das Oberlandesgericht zurück.
Unzulässigkeit der quotenmäßigen Anspruchskürzung
Der Bundesgerichtshof verwies zudem darauf, dass bei einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht wegen unterlassener zumutbarer Erwerbstätigkeit eine quotenmäßige Anspruchskürzung nicht in Betracht komme. Vielmehr seien die erzielbaren fiktiven Einkünfte auf den Schaden anzurechnen. Die Höhe der erzielbaren Einkünfte des Geschädigten hänge nicht quotenmäßig von der Höhe des ihm entgangenen Verdienstes, sondern vielmehr davon ab, welches Einkommen er in der konkreten Situation unter Berücksichtigung aller Umstände in zumutbarer Weise erzielen könnte und von welchem Zeitpunkt an ihm eine Aufnahme der Erwerbstätigkeit zumutbar war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.12.2021
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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