Dokument-Nr. 20581
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- NJW 2015, 411Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 411
- Landgericht Heidelberg, Urteil16.03.2011, 4 O 34/06
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil16.01.2013, 7 U 66/11
Bundesgerichtshof Urteil11.11.2014
BGH: Widersprüche in Gutachten im Arzthaftungsprozess müssen durch Tatrichter aufgeklärt werdenTatrichter darf ohne nachvollziehbare Begründung keinem Gutachten den Vorzug geben
Widersprechen sich in einem Arzthaftungsprozess mehrere Gutachten, so muss der Tatrichter die Widersprüche aufklären, selbst wenn es sich um Privatgutachten handelt. Ohne eine nachvollziehbare Begründung darf der Tatrichter keinem Gutachten den Vorzug geben. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wiesen sowohl das Landgericht Heidelberg als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe eine Schadenersatzklage im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses ab. Das Oberlandesgericht stützt sich dabei auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten. Ohne nähere Begründung ließ das Gericht die entgegenstehenden Ausführungen eines Privatgutachters unberücksichtigt. Es kam daher zur Einlegung der Revision.
Widersprüche in Gutachten müssen aufgeklärt werden
Der Bundesgerichtshof führte zum Fall aus, dass in Arzthaftungsprozessen der Tatrichter verpflichtet sei, Widersprüchen zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger von Amts wegen nachzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Dies gelte auch dann, wenn es sich um Privatgutachten handelt. Steht ein medizinisches Gutachten einer Partei im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, so dürfe der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Diese Grundsätze habe das Oberlandesgericht nicht beachtet.
Fehlende Dokumentation von aufzeichnungspflichtigen Maßnahmen spricht für Unterbleiben der Maßnahmen
Zudem verwies der Bundesgerichtshof darauf, dass das Fehlen der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme dafür spricht, dass die Maßnahme unterblieben ist. Diese Vermutung entfällt nicht deshalb, weil in der Praxis mitunter der Pflicht zur Dokumentation nicht nachgekommen wird oder die Dokumentation insgesamt lückenhaft ist.
Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung des Falls zur Neuverhandlung
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies den Fall zur Neuverhandlung zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.02.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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