18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil13.10.2015

BGH: Anspruch auf Löschung intimer Fotos nach Beendigung einer LiebesaffäreGefühl des Ausge­lie­fertseins und der Fremdbestimmung durch Behalt der Fotos

Werden im Rahmen einer Liebesaffäre intime Fotos von einem Partner angefertigt, so hat dieser nach Beendigung der Affäre einen Anspruch auf Löschung der Fotos. Denn allein das Behalten der Fotos und des damit bedingten Gefühls des Ausge­lie­fertseins und der Fremdbestimmung stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persön­lichkeits­recht des abgebildeten Partners dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall unterhielt eine Ehefrau eine außereheliche Beziehung zu einem Mann. Da dieser Fotograf war, erstellte er in deren Einverständnis mehrere intime Fotos von der Frau. Die Bilder zeigten die Frau teilweise bekleidet, teilweise unbekleidet vor, während und nach dem Geschlechts­verkehr. Zudem fertigte sie von sich selbst intime Fotos an und überließ sie dem Mann. Nach dem die Affäre beendet war, verlangte sie unter anderem die Löschung sämtlicher Fotos. Da sich der Mann weigerte, kam der Fall vor Gericht.

Landgericht und Oberlan­des­gericht bejahten Löschungs­an­spruch hinsichtlich intimer Fotos

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlan­des­gericht Koblenz bejahten den Löschungs­an­spruch hinsichtlich der intimen Fotos. Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts habe die Frau ihre Einwilligung zur Erstellung der Fotos zeitlich auf die Dauer der Beziehung beschränkt. Sie habe zudem die Einwilligung widerrufen können, da das den Kernbereich des Persön­lich­keits­rechts betreffende Interesse der Frau an der Löschung der Aufnahmen höher zu bewerten gewesen sei als das Interesse des Mannes an der Existenz der Aufnahmen. Gegen diese Entscheidung legte der Mann Revision ein.

Bundes­ge­richtshof bejaht Löschungs­an­spruch wegen Verletzung des Persön­lich­keits­rechts

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Mannes zurück. Der Frau habe nach § 823 Abs. 1, § 1004 BGB ein Anspruch auf Löschung der Fotos mit Intimbezug zugestanden, da allein durch den Besitz der Fotos ihr Persön­lich­keitsrecht verletzt worden sei. Der Mann habe gegen den Willen der Frau weiterhin die Verfügungsmacht über die Fotos ausgeübt.

Gefühl des Ausge­lie­fertseins und der Fremdbestimmung durch Behalt der Fotos

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs werde allein durch den Besitz von Fotos eine gewisse Herrschafts- und Manipu­la­ti­o­nsmacht über den Abgebildeten ausgeübt. Dies gelte selbst dann, wenn eine Verbreitung bzw. Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt sei. Diese Macht sei zudem umso größer, als Aufnahmen eine vollständige Entblößung, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Die Entblößung werde regelmäßig als peinlich, beschämend und demütigend empfunden, wenn sich die Situation etwa durch Beendigung der Beziehung verändert habe. So habe der Fall hier gelegen. Es habe für die Frau ein Gefühl des Ausge­lie­fertseins und der Fremdbestimmung durch den Behalt der Fotos bestanden.

Kein schützenswertes Interesse an Behalt der Fotos

Demgegenüber sei schon im Ansatz kein grundrechtlich geschütztes Interesse des Mannes an dem Behalt der Fotos erkennbar gewesen, so der Bundes­ge­richtshof.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil22088

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI