15.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 18434

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Urteil08.04.2014BundesgerichtshofVI ZR 197/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2014, 870Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2014, Seite: 870
  • GRUR 2014, 804Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2014, Seite: 804
  • MDR 2014, 771Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 771
  • NJW-RR 2014, 1193Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 1193
  • NJW-Spezial 2014, 513 (Michael Drasdo)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 513, Entscheidungsbesprechung von Michael Drasdo
  • WuM 2014, 407Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2014, Seite: 407
  • ZD 2014, 468Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2014, Seite: 468
  • ZMR 2014, 866Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2014, Seite: 866
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Charlottenburg, Urteil19.10.2012, 224 C 184/12
  • Landgericht Berlin, Urteil26.03.2013, 27 S 18/12
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.04.2014

Veröf­fent­lichung eines auf einem Mieterfest angefertigten Fotos in einer Informations­broschüre auch ohne Einwilligung der Fotografierten zulässigKein Anspruch auf Geldent­schä­digung und Zahlung von Abmahnkosten

Wird ein Mieter auf einem Mieterfest ohne seine Einwilligung fotografiert und das Foto anschließend in einer Informations­broschüre des Vermieters veröffentlicht, so kann dies gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 des Kunst­urheber­gesetzes (KUG) zulässig sein, wenn das angefertigte und veröffentlichte Foto aus dem Bereich der Zeitgeschichte stammt. Dies kann bei Fotos eines Mieterfestes der Fall sein. Ein Anspruch auf eine Geldent­schä­digung oder auf Zahlung von Abmahnkosten besteht in einem solchen Fall nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während eines Mieterfestes im August 2010 wurden von mehreren Mietern Fotos angefertigt. Einige dieser Fotos wurden anschließend in einer für die Mieter bestimmten Informationsbroschüre der Vermieterin veröffentlicht. Einige der fotografierten Mieter waren damit aber nicht einverstanden. Sie gaben an mit dem Fotografieren und Veröffentlichen des sie zeigenden Fotos nicht einverstanden gewesen zu sein. Sie mahnten daher die Vermieterin ab und forderten sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unter­las­sungs­er­klärung auf. Zwar gab die Vermieterin die Unter­las­sungs­er­klärung ab. Sie weigerte sich aber den geforderten Schadenersatz von 3.000 EUR sowie die Abmahnkosten von ca. 840 EUR zu zahlen. Die Mieter erhoben daraufhin Klagen.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Klagen ab

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg sowie das Landgericht Berlin wiesen die Klagen der Mieter ab. Sie haben nach Ansicht des Landgerichts weder ein Anspruch auf Schadenersatz noch auf Zahlung der Abmahnkosten gehabt. Denn die Veröf­fent­lichung der Fotos sei gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG auch ohne Einwilligung der Mieter zulässig gewesen. Gegen diese Entscheidung legten die Mieter Revision ein.

Bundes­ge­richtshof verneinte ebenfalls Anspruch auf Schadenersatz und Zahlung der Abmahnkosten

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen und wies daher die Revision der Mieter zurück. Es habe weder ein Anspruch auf Schadenersatz noch auf Zahlung der Abmahnkosten bestanden. Zwar sei es richtig, dass die Veröf­fent­lichung von Fotos einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung zulässig ist (§ 22 Satz 1 KUG). Einer Einwilligung bedürfe es aber nicht in den Fällen des § 23 KUG.

Vorliegen eines Fotos der Zeitgeschichte

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs habe ein Foto der Zeitgeschichte vorgelegen. Einer Einwilligung der Mieter habe es daher gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nicht bedurft. Das Mieterfest sei von lokaler gesell­schaft­licher Bedeutung gewesen. Aufgrund des gesell­schaft­lichen Interesses habe es sich beim Mieterfest um ein zeitge­schicht­liches Ereignis gehandelt. Die Vermieterin habe unter dem Gesichtspunkt der Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) ein Recht zugestanden, ihre Mieter über den Ablauf und die Atmosphäre der Veranstaltung zu informieren. Denn ein Mieterfest pflege und schaffe ein gutes nachbar­schaft­liches Verhältnis. Zudem werde durch die Broschüre der Eindruck vermittelt, es lohne sich bei der Vermieterin Mieter zu sein.

Geringe Beein­träch­tigung des Rechts am eigenen Bild

Zwar betonte der Bundes­ge­richtshof, dass bei einer Veröf­fent­lichung von Fotos der Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit zu beachten ist. Es sei vor allem das Recht am eigenen Bild und damit das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2008 - VI ZR 67/08 - und BGH, Urt. v. 01.07.2008 - VI ZR 243/06 -). Dieses Recht sei im vorliegenden Fall aber nur gering beeinträchtigt gewesen. So sei es angesichts dessen, dass bereits in den Vorjahren eine Bildbe­rich­t­er­stattung in einer Mieterbroschüre stattfand, zu erwarten gewesen, dass in entsprechender Weise wieder über das Mieterfest berichtet wird. Zudem sei zu beachten gewesen, dass das Foto nicht heimlich aufgenommen wurde und dass sich die Broschüre nur an einen eng umgrenzten Personenkreis richtete.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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