23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30537

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Bundesgerichtshof Urteil13.07.2021

Thermofenster allein noch kein Grund für Schadensersatz von DaimlerKein Schadens­ersatz­anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung

Der Bundes­ge­richtshof hat sich erneut zur Thematik des sogenannten "Thermofensters" geäußert. Die Entwicklung und der Einsatz der temperatur­abhängigen Steuerung des Emissions­kontroll­systems (Thermofenster) für sich genommen reicht nicht aus, um einen Schadens­ersatz­anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu begründen.

Der Kläger erwarb im Oktober 2012 von dem beklagten Fahrzeug­her­steller ein Neufahrzeug vom Typ Mercedes-Benz C 220 CDI BlueEfficiency zu einem Kaufpreis von rund 35.000 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgestattet und unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typgenehmigung nach der Verordnung 715/2007/EG mit der Schad­s­toff­klasse Euro 5 erteilt. Die Abgasreinigung erfolgt in dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug über die Abgas­rü­ck­führung, bei der ein Teil der Abgase wieder der Verbrennung im Motor zugeführt wird, was zu einer Verringerung der Stick­o­xi­de­mis­sionen führt. Die Abgas­rü­ck­führung wird bei kühleren Temperaturen reduziert ("Thermofenster"), wobei zwischen den Parteien streitig ist, bei welchen Außen-/Ladeluft­tem­pe­raturen dies der Fall ist. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe durch den Einbau des Thermofensters und verschiedener weiterer Abschalt­ein­rich­tungen in verbotener Weise Einfluss auf das Emissi­ons­ver­halten genommen, so im Typge­neh­mi­gungs­ver­fahren die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte vorgespiegelt und den Kläger dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Mit seiner Klage verlangt er von der Beklagten im Wesentlichen die Erstattung des gezahlten Kaufpreises zuzüglich Finan­zie­rungs­kosten, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs und abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung.

OLG: Kein Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts steht dem Kläger kein Schaden­s­er­satz­an­spruch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Beklagte zu. Das Inver­kehr­bringen des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs sei unabhängig von der objektiven Rechtmäßigkeit oder Rechts­wid­rigkeit des in der Motorsteuerung installierten "Thermofensters" weder als sittenwidrige Handlung einzustufen noch ergebe sich daraus der erforderliche Schädi­gungs­vorsatz der Beklagten. Es könne ohne konkrete Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, dass die Verant­wort­lichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein agiert hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalt­ein­richtung zu verwenden. Die Gesetzeslage sei hinsichtlich der Zulässigkeit von "Thermofenstern" nicht eindeutig. Soweit der Kläger eine Vielzahl weiterer Steue­rungs­stra­tegien zur Abgasreinigung behaupte, fehle es an einem konkreten Bezug zu dem hier in Rede stehenden Fahrzeug und damit jedenfalls an einem substantiierten, dem Beweis zugänglichen Sachvortrag.

BGH: Einsatz des Thermofensters allein kein Grund für Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Das Berufungs­gericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Entwicklung und der Einsatz der tempe­ra­tu­r­ab­hängigen Steuerung des Emissi­ons­kon­troll­systems (Thermofenster) für sich genommen nicht ausreichen, um einen Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu begründen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 ausgeführt hat, ist der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit vielmehr nur dann gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Die Annahme von Sitten­wid­rigkeit setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der tempe­ra­tu­r­ab­hängigen Steuerung des Emissi­ons­kon­troll­systems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalt­ein­richtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Dies ist im Streitfall nicht festgestellt.

OLG hätte Sachvortrag zu einer weiteren behaupteten Abschalt­ein­richtung beachten müssen

Unter den Umständen des Einzelfalles rechts­feh­lerhaft hat das Berufungs­gericht aber konkreten Sachvortrag des Klägers zu einer der weiteren behaupteten Abschalt­ein­rich­tungen als prozessual unbeachtlich angesehen. Aus diesem Grund war die Sache an das Berufungs­gericht zurück­zu­ver­weisen, damit es die erforderlichen Feststellungen hierzu treffen kann.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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