Dokument-Nr. 17267
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- BGHZ 55, 96Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 55, Seite: 96
- MDR 1971, 288Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1971, Seite: 288
- NJW 1971, 509Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1971, Seite: 509
- VersR 1971, 320Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1971, Seite: 320
Bundesgerichtshof Urteil15.12.1970
Beschädigung eines PKW durch Pferdegespann: Überwindung von Urheberzweifeln im Rahmen der Tierhalterhaftung durch Anwendung des § 830 BGBVerschulden an Schadensentstehung unerheblich
Wird ein Fahrzeug beschädigt, weil zwei Pferdegespanne ausbrechen und lässt sich nicht feststellen welches der beiden Gespanne den Schaden verursacht hat, so können die Urheberzweifel im Rahmen der Tierhalterhaftung durch Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB überwunden werden. Es haften daher die Halter der beiden Gespanne gemeinsam. Auf ein Verschulden an der Schadensentstehung kommt es dabei nicht an. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 1967 scheuchte eine größere Anzahl von Schulkindern zwei Pferdegespanne auf. Da die Kutscher die Pferde nicht halten konnten, preschten diese los und liefen einen abschüssigen Platz hinunter. In einer Kurve kam einer der Gespanne ins Schleudern und beschädigte mehrere parkende Fahrzeuge. Einer der Fahrzeughalter klagte daraufhin gegen den Tierhalter des einen Gespanns auf Schadenersatz.
Landgericht wies Klage ab, Oberlandesgericht gab ihr statt
Das Landgericht Essen wies die Klage ab. Auf Berufung des Klägers gab das Oberlandesgericht Hamm der Klage statt. Zwar habe nicht festgestellt werden können, welcher der beiden Pferdegespanne den Schaden verursacht hat. Das Berufungsgericht wandte jedoch § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB an und sah daher den beklagten Tierhalter als verantwortlich für den Schaden an. Der Beklagte wiederum meinte, dass diese Vorschrift ein schuldhaftes Handeln voraussetze und daher im Rahmen der als Gefährdungshaftung ausgestalteten Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB nicht anwendbar sei. Er legte daher Revision ein.
§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen der Tierhalterhaftung anwendbar
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB auch im Rahmen der als Gefährdungshaftung ausgestalteten Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB anwendbar ist. Denn auch der nicht schuldhaft handelnde, nur nach § 7 StVG haftende Fahrzeughalter könne Beteiligter im Sinne des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB sein. Die Vorschrift diene nämlich der Überwindung der Beweisschwierigkeit des Geschädigten. Dessen Schadenersatzanspruch solle nicht daran scheitern, dass nicht mit voller Sicherheit festgestellt werden könne, wer von mehreren Beteiligten Tätern der eigentliche Schädiger war. Davon ausgehend sei es unerheblich, ob das schädigende Verhalten schuldhaft vorgenommen wurde oder ob die Haftung auf einem bloßen Zustand beruht.
Beweisschwierigkeiten auch im Rahmen der Tierhalterhaftung
Diese Grundsätze haben nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch für die Gefährdungshaftung des Tierhalters gegolten. Denn auch dort treten dieselben Beweisschwierigkeiten auf, deren Behebung die Norm des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB dient. Auch in den Fällen der Tierhalterhaftung sei es gerechter, alle haften zu lassen, als den Geschädigten leer ausgehen zu lassen.
Keine ungebührliche Härte für Tierhalter
Der Halter eines Luxustiers treffe zudem keine ungebührliche Härte bei Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn er habe es weitgehend in der Hand, das Ausmaß der vom Tier ausgehenden Gefahr zu steuern. Zum Beispiel dadurch, dass er es nicht in den Straßenverkehr gibt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.12.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
der Leitsatz
§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 833 BGB
§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB findet auch auf die Tierhalterhaftung (§ 833 BGB) Anwendung.
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