18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 17267

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Urteil15.12.1970BundesgerichtshofVI ZR 121/69
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 55, 96Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 55, Seite: 96
  • MDR 1971, 288Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1971, Seite: 288
  • NJW 1971, 509Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1971, Seite: 509
  • VersR 1971, 320Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1971, Seite: 320
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.12.1970

Beschädigung eines PKW durch Pferdegespann: Überwindung von Urheberzweifeln im Rahmen der Tierhal­ter­haftung durch Anwendung des § 830 BGBVerschulden an Schaden­s­ent­stehung unerheblich

Wird ein Fahrzeug beschädigt, weil zwei Pferdegespanne ausbrechen und lässt sich nicht feststellen welches der beiden Gespanne den Schaden verursacht hat, so können die Urheberzweifel im Rahmen der Tierhal­ter­haftung durch Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB überwunden werden. Es haften daher die Halter der beiden Gespanne gemeinsam. Auf ein Verschulden an der Schaden­s­ent­stehung kommt es dabei nicht an. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 1967 scheuchte eine größere Anzahl von Schulkindern zwei Pferdegespanne auf. Da die Kutscher die Pferde nicht halten konnten, preschten diese los und liefen einen abschüssigen Platz hinunter. In einer Kurve kam einer der Gespanne ins Schleudern und beschädigte mehrere parkende Fahrzeuge. Einer der Fahrzeughalter klagte daraufhin gegen den Tierhalter des einen Gespanns auf Schadenersatz.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Das Landgericht Essen wies die Klage ab. Auf Berufung des Klägers gab das Oberlan­des­gericht Hamm der Klage statt. Zwar habe nicht festgestellt werden können, welcher der beiden Pferdegespanne den Schaden verursacht hat. Das Berufungs­gericht wandte jedoch § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB an und sah daher den beklagten Tierhalter als verantwortlich für den Schaden an. Der Beklagte wiederum meinte, dass diese Vorschrift ein schuldhaftes Handeln voraussetze und daher im Rahmen der als Gefährdungshaftung ausgestalteten Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB nicht anwendbar sei. Er legte daher Revision ein.

§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen der Tierhal­ter­haftung anwendbar

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB auch im Rahmen der als Gefähr­dungs­haftung ausgestalteten Tierhal­ter­haftung nach § 833 Satz 1 BGB anwendbar ist. Denn auch der nicht schuldhaft handelnde, nur nach § 7 StVG haftende Fahrzeughalter könne Beteiligter im Sinne des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB sein. Die Vorschrift diene nämlich der Überwindung der Beweis­schwie­rigkeit des Geschädigten. Dessen Schaden­er­satz­an­spruch solle nicht daran scheitern, dass nicht mit voller Sicherheit festgestellt werden könne, wer von mehreren Beteiligten Tätern der eigentliche Schädiger war. Davon ausgehend sei es unerheblich, ob das schädigende Verhalten schuldhaft vorgenommen wurde oder ob die Haftung auf einem bloßen Zustand beruht.

Beweis­schwie­rig­keiten auch im Rahmen der Tierhal­ter­haftung

Diese Grundsätze haben nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs auch für die Gefähr­dungs­haftung des Tierhalters gegolten. Denn auch dort treten dieselben Beweis­schwie­rig­keiten auf, deren Behebung die Norm des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB dient. Auch in den Fällen der Tierhal­ter­haftung sei es gerechter, alle haften zu lassen, als den Geschädigten leer ausgehen zu lassen.

Keine ungebührliche Härte für Tierhalter

Der Halter eines Luxustiers treffe zudem keine ungebührliche Härte bei Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn er habe es weitgehend in der Hand, das Ausmaß der vom Tier ausgehenden Gefahr zu steuern. Zum Beispiel dadurch, dass er es nicht in den Straßenverkehr gibt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

der Leitsatz

§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 833 BGB

§ 830 Abs. 1 Satz 2 BGB findet auch auf die Tierhal­ter­haftung (§ 833 BGB) Anwendung.

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