Dokument-Nr. 15551
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- NJW 2013, 1302Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1302
- Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil13.05.2011, 4 O 418/08
- Oberlandesgericht Naumburg, Urteil01.12.2011, 9 U 111/11
Bundesgerichtshof Urteil05.02.2013
BGH: Absolute Sicherheit technischer Geräte kann nicht verlangt werden (Heißwasser-Untertischgerät)Installations- und Gebrauchsanleitungen sind zu beachten
Von einem Gerät dürfen bei Beachtung der Installations- und Gebrauchsanleitung keine Gefahren ausgehen. Demgegenüber kann von einem Hersteller nicht verlangt werden, für jeden Fall des unsachgemäßen Gebrauchs Vorsorge zu treffen. Eine absolute Sicherheit kann von technischen Geräten nicht verlangt werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Mann kaufte in einem Baumarkt ein in China hergestelltes Heißwasser-Untertischgerät. In der Gebrauchsanleitung stand unter anderem, dass die Installation von einem Fachmann vorgenommen werden sollte und dass vor dem Anschluss an das Stromnetz das Gerät mit Wasser befüllt sein muss. Der Käufer baute das Gerät selbst ein. Wenig später explodierte es und verletzte dabei den Käufer. Er verlangte nunmehr Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das Landgericht Dessau-Roßlau wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht Naumburg hielt die Klage für gerechtfertigt. Denn das Gerät habe einen Konstruktionsfehler im Sinne von § 3 ProdHaftG aufgewiesen. Zwar habe der Sachverständige die Ursache der Explosion nicht feststellen können. Nach seiner Angabe sei jedoch die wahrscheinlichste Ursache, die unzureichende Befüllung des Boilers mit Wasser, gewesen. Allein die theoretische Möglichkeit einer Explosion wegen zu geringen Wasserstandes habe nach Auffassung des OLG einen Fehler begründet. Gegen das Berufungsurteil legte der Käufer Revision ein.
Konstruktionsfehler war nicht erwiesen
Der Gerichtshof führte zunächst aus, dass ein Produkt dann ein Fehler aufweise, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden könne (vgl. § 1 Abs. 1 ProdHaftG). Ein Konstruktionsfehler liege vor, wenn das Produkt schon seiner Konzeption nach unter dem gebotenen Sicherheitsstandard bleibt. Jeder dürfe erwarten, dass das Produkt so konzipiert ist, dass es bei Beachtung der Gebrauchsanleitung bei bestimmungsgemäßen Gebrauch oder vorhersehbarem Fehlgebrauch gefahrlos benutzt werden kann. Ob der Boiler diesen Anforderungen genügte oder nicht, sei hier aber nicht zweifelsfrei festgestellt worden. Das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers sei daher nicht nachgewiesen worden.
"Theoretische Möglichkeit" genügte nicht zur Annahme eines Fehlers
Aus Sicht der Bundesrichter haben die Angaben des Sachverständigen die Annahme eines Konstruktionsfehlers nicht gerechtfertigt. Eine Schadenersatzpflicht des Herstellers gemäß § 1 Abs. 1 ProdHaftG habe daher nicht bestanden. Allein die "theoretische Möglichkeit", dass ein Produkt Schäden verursachen kann, genüge nicht zur Annahme eines Fehlers. Von einem Hersteller könne nicht verlangt werden, für sämtliche Fälle eines unsorgfältigen Umgangs mit dem Produkt Vorsorge zu treffen. Dazu gehöre auch die fachwidrige Installation. Von einem Produkt könne nicht in jeder Situation absolute Sicherheit verlangt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.04.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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