Die Klägerin bewohnte ein Grundstück im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich. Die Beklagte betrieb einen Jugendzeltplatz etwa 50 Meter entfernt. Zu dem Zeltplatz gehörten u.a. eine Spielwiese, eine als Aufenthaltsraum genutzte Blockhütte, ein Grillplatz sowie mehrere Rundzelte aus Holz. Der Zeltplatz wurde jeweils in der Zeit von März bis Oktober genutzt, wobei die Durchschnittsgruppe aus 30 Personen bestand.
Die Klägerin hatte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Betrieb und die Vermietung des Platzes zu unterlassen. Die Klage wurde in 1. Instanz vor dem Landgericht Koblenz zurückgewiesen. In der Berufung vor dem Oberlandesgericht Koblenz wurde dem Hilfsantrag stattgegeben und die Beklagte verurteilt, geeignete Maßnahmen vorzunehmen, die gewährleisten, dass von dem Platz nachts zwischen 22 Uhr und 6 Uhr keine höheren Beurteilungspegel als 35 Dezibel und tagsüber keine höheren Pegel als 50 Dezibel ausgehen. Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung in der Revision auf.
Zunächst stellte das Gericht klar, dass es sich bei dem Gebiet, auf dem sich das Grundstück der Klägerin befand, um ein reines Wohngebiet handele. Wenn ein Bebauungsplan fehle, ergebe sich der Gebietscharakter aus der tatsächlichen baulichen Nutzung, die hier einem reinen Wohngebiet entspreche. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass das Grundstück der Klägerin in einer Randlage zum Außenbereich liege. Dort könne der Eigentümer nicht damit rechnen, dass in seiner Nachbarschaft eine reine Wohnnutzung stattfinde. Er dürfe lediglich darauf vertrauen, dass keine Nutzung entstehe, die mit der Wohnnutzung nicht mehr verträglich sei.
In den Bereichen, in denen Gebiete von unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit zusammentreffen, müsse der Belästigte Nachteile hinnehmen, die er außerhalb eines derartigen Grenzbereichs nicht hinnehmen müsse. Dies ergebe sich aus der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme. Andernfalls hätten Grundstückseigentümer in solchen Grenzgebieten einen Anspruch darauf, dass alles so bleibe, wie es sei. Dieser Anspruch bestehe aber nicht. Vielmehr sei im Grenzbereich damit zu rechnen, dass im daran angrenzenden Außenbereich Belästigungsquellen entstehen.
Es bleibe im wesentlichen tatrichterlicher Würdigung überlassen, wie im Rahmen des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme im Einzelfall Eckewerte zur Bildung eines Zwischenwertes zu bestimmen seien, aus denen sich die Zumutbarkeit von Lärm ergebe. Dabei könnte von Bedeutung sein, dass auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen sei.
Es gehe in vorliegendem Fall um den von einer Jugendfreizeitstätte ausgehenden Lärm. Im Rahmen einer wertenden Abgrenzung könnte jedenfalls für den Lärm bis 22 Uhr das Interesse der Allgemeinheit an einer kinder- und jugendfreundlichen Umgebung eine gewisse Rolle spielen, die die Klägerin zur Hinnahme von etwas höheren Grenzwerten für Lärm als Begleiterscheinung kindlichen und jugendlichen Freizeitverhaltens zwinge, als sie generell in reinen Wohngebieten zulässig sei.
In prozessualer Hinsicht stellte der Bundesgerichtshof bezüglich des Bestimmtheitsgebots des Klageantrags schließlich folgendes klar: Im Bereich der immissionsrechtlichen Unterlassungsklage werden Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art, beispielsweise durch Geräusche und Gerüche, zu unterlassen, als zulässig erachtet. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen besteht kein Anlass. Es ist vielfach unmöglich, mit Worten das Maß unzulässiger Einwirkungen so zu bestimmen, dass der Beeinträchtigte hinreichend geschützt ist und nicht schon eine geringfügige Änderung der Einwirkung trotz einer fortdauernden nicht zu duldenden Belästigung das Verbot hinfällig macht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.03.2011
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)