21.11.2024
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Dokument-Nr. 33483

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Urteil17.11.2023BundesgerichtshofV ZR 192/22
Vorinstanzen:
  • Landgericht Dresden, Urteil11.01.2022, 3 O 2470/21la
  • Oberlandesgericht Dresden, Urteil15.09.2022, 8 U 328/22
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.11.2023

Bundes­ge­richtshof zur Ersatzfähigkeit der Kosten für die Verwahrung eines privat abgeschleppten KfzErstat­tungs­an­spruch ist zeitlich bis zum Heraus­ga­be­ver­langen des Halters begrenzt

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass zu den erstat­tungs­fähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privat­grundstück abgestellten Fahrzeugs grundsätzlich auch die Kosten zählen, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschlepp­vorgang entstehen.

Der Kläger ist Halter und Eigentümer eines Pkw, den er an seine Schwester verliehen hatte. Diese stellte das Fahrzeug unbefugt auf einem Privat­grundstück ab, das von der Streithelferin der Beklagten für die Grund­s­tücks­ei­gen­tümerin verwaltet wird. Im Auftrag der Streithelferin schleppte die Beklagte, die ein Abschlep­pun­ter­nehmen betreibt, das Fahrzeug ab und verbrachte es auf ihr Firmengelände. Auf das nach fünf Tagen geäußerte Herausgabeverlangen des Klägers reagierte die Beklagte nicht. Der Kläger hat von der Beklagten erstinstanzlich die Herausgabe des Fahrzeugs verlangt. Die Parteien haben den Rechtsstreit insoweit zwischen­zeitlich übereinstimmend für erledigt erklärt; nicht mehr im Streit steht auch der mit der Widerklage verlangte Ersatz der Abschleppkosten. Gegenstand des Revisi­ons­ver­fahrens ist der Teil der Widerklage, mit dem die Beklagte den Kläger auf Ersatz der Verwahrkosten in Höhe von 4.935 € aus abgetretenem Recht der Streithelferin in Anspruch nimmt (15 € pro Tag der Verwahrung). Das Landgericht hat der Widerklage insoweit stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht hat das landge­richtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass die Beklagte Ersatz der Verwahrkosten nur in Höhe von 75 € (fünf Tage) verlangen kann. Mit der von dem Oberlan­des­gericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Wieder­her­stellung des landge­richt­lichen Urteils erreichen. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschluss­re­vision die vollständige Abweisung der Widerklage.

Verwahrkosten zählen noch zum Abschlepp­vorgang

Der Bundes­ge­richtshof hat sowohl die Revision der Beklagten als auch die Anschluss­re­vision des Klägers zurückgewiesen. Die Annahme des Berufungs­ge­richts, der Beklagten stehe aus abgetretenem Recht der Streithelferin (nur) ein Anspruch auf Ersatz der in den ersten fünf Tagen der Verwahrung angefallenen Verwahrkosten zu, ist frei von Rechtsfehlern. Zu den nach den Vorschriften der berechtigten Geschäfts­führung ohne Auftrag (§ 677, § 683 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB) erstat­tungs­fähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privat­grundstück abgestellten Fahrzeugs zählen auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der anschließenden Verwahrung des Fahrzeugs entstehen. Diese Kosten dienen noch der Abwicklung des Abschlepp­vorgangs. Der Grund­s­tücks­be­sitzer nimmt mit dem Abschleppen ein Selbst­hil­ferecht wahr, das einfach handhabbar sein muss und nicht mit Haftungsrisiken behaftet sein darf. Deshalb ist er nicht gehalten, einen Parkplatz im öffentlichen Parkraum ausfindig zu machen, sondern er darf das Fahrzeug in sichere Verwahrung geben. Ein konkurrierender deliktischer Anspruch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB) reicht im Ergebnis nicht weiter. Der Grund­s­tücks­be­sitzer ist allerdings gehalten, den Halter des abgeschleppten Fahrzeugs unmittelbar im Anschluss über den Abschlepp­vorgang zu unterrichten. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu einer Anspruchs­kürzung führen, wenn sie zur Folge hat, dass der Halter die Herausgabe seines Fahrzeugs - anders als es hier der Fall war - erst mit einer zeitlichen Verzögerung verlangen kann.

Keine Abschleppkosten nach Heraus­ga­be­ver­langen des Halters

Der Erstattungsanspruch ist zudem zeitlich bis zu einem Heraus­ga­be­ver­langen des Halters begrenzt. Nachfolgend anfallende Verwahrkosten dienen nicht mehr der Abwicklung des Abschlepp­vorgangs, sondern sind nur noch auf eine Heraus­ga­be­ver­wei­gerung und die damit bezweckte Durchsetzung des entstandenen Koste­n­er­stat­tungs­an­spruchs wegen der Besitzstörung zurückzuführen. Da der Kläger hier nach fünf Tagen sein Fahrzeug von der Beklagten herausverlangt hat, hat die Beklagte aus abgetretenem Recht der Streithelferin einen Anspruch auf Ersatz der bis zu dem Heraus­ga­be­ver­langen angefallenen Verwahrkosten in Höhe von insgesamt 75 €. Auch für die Zeit nach dem Heraus­ga­be­ver­langen kommt grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz von weiteren Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, nämlich dann, wenn der das Fahrzeug heraus­ver­langende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die bisherige Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschlep­pun­ter­nehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät. Die Widerklage der Beklagten blieb gleichwohl erfolglos, weil die Beklagte auf das Heraus­ga­be­ver­langen des Klägers diesem die Herausgabe des Fahrzeugs nicht ordnungsgemäß in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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