Bundesgerichtshof Urteil23.07.2010
BGH: Kein Schmerzensgeld bei bergbaubedingten ErderschütterungenVerschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch umfasst kein Schmerzensgeld
Der Bewohner eines Grundstücks, der auf bergbaubedingte Erderschütterungen zurückzuführende Gesundheitsschäden erlitten hat, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann und schulpflichtigen Kindern ein Eigenheim in Schmelz-Hüttersdorf (Saarland). Infolge des für Rechnung und im Auftrag der Beklagten in der Gegend betriebenen Bergbaus kam es in den Jahren 2005 und 2006 zu Erderschütterungen mit Schwingungsgeschwindigkeiten von bis zu 71 mm/sek. Mit der Behauptung, aufgrund der Erderschütterungen leide sie seit März 2005 an erheblichen psychischen Problemen in Form einer Phobie sowie an psychosomatischen Beschwerden wie Schlaflosigkeit und ständigen Angstzuständen in Erwartung weiterer Beben, verlangt die Klägerin ein Schmerzensgeld von mindestens 4.000 Euro. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben.
Schmerzensgeld kann nur aufgrund eines Schadensersatzanspruchs gewährt werden
Die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil wurde zurückgewiesen. Ein bergrechtlicher Anspruch besteht nicht, weil die gesundheitlichen Beeinträchtigungen kein Bergschaden im Sinne von § 114 BBergG sind. Der verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei bergbaubedingten Erderschütterungen im Verhältnis zwischen dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer und dem Bergbauberechtigten zur Anwendung kommen kann, gewährt kein Schmerzensgeld (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil v. 19.09.2008 - V ZR 28/08 -). Dieses kann nach § 253 Abs. 2 BGB nur aufgrund eines Schadensersatzanspruchs verlangt werden.
Ausgleichsanspruch ist aus dem Grundstückseigentum abgeleiteter Entschädigungsanspruch – kein Schadensersatzanspruch
Der Ausgleichsanspruch ist jedoch kein Schadensersatzanspruch, sondern ein aus dem Grundstückseigentum abgeleiteter Entschädigungsanspruch, mit dem Wertminderungen und Nutzungseinschränkungen eines Grundstücks ausgeglichen werden sollen. Ein verschuldensabhängiger deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch (§ 823 Abs. 1 BGB) besteht ebenfalls nicht, weil die Klägerin in der Berufungsinstanz kein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln der Beklagten unter Beweis gestellt hat.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.07.2010
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online