18.10.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 6723

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Urteil19.09.2008BundesgerichtshofV ZR 28/08
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Lebach, Urteil30.03.2007, 3A C 80/06
  • Landgericht Saarbrücken, Urteil17.01.2008, 11 S 87/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.09.2008

BGH: Ersatzansprüche des Eigentümers, der sein Grundstück wegen bergbau­be­dingter Erder­schüt­te­rungen nur eingeschränkt nutzen kannBergbau-Geschädigte haben neue Möglichkeit auf Ausgleichs­zah­lungen

Hausbesitzer, deren Immobilien durch Erschütterungen aus dem Bergbau beschädigt werden, haben zukünftig mehr Rechte. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die Vorschriften über die Haftung für Bergschäden (§§ 114 ff. BBergG) keine abschließende Regelung für den Ersatz sämtlicher Schäden, die durch untertägigen Bergbau verursacht werden, darstellen, sondern nur einen Auffang­tat­bestand. Sie lassen einen bürgerlich-rechtlichen Ausgleichs­an­spruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unberührt. Bergwerks­be­treiber sind demnach nach dem Nachbarrecht grundsätzlich verpflichtet, einen angemessenen Geldausgleich zu bezahlen, wenn wegen der Schäden die Lebens- und Wohnqualität in dem Haus in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.

Der Kläger und seine Lebensgefährtin sind Miteigentümer eines Hausgrundstücks in Lebach-Falscheid (Saarland). Die Beklagte betreibt in dieser Gegend Bergbau. Seit dem Ende des Jahres 2000 traten dort bergbaubedingte Erder­schüt­te­rungen mit einer Stärke von mindestens 1,9 bis 3,7 auf der Richterskala auf. An dem Wohnhaus des Klägers bildeten sich seit dem Jahr 2001 Risse an den Innen- und Außenwänden sowie an den Bodenbelägen. Die Beklagte erkannte die Schäden als Bergschäden an und ließ sie fortlaufend beseitigen. Sie ordnete das Gebäude in die höchste Schadens­emp­find­lich­keits­ka­tegorie ein.

Nutzungs­mög­lich­keiten des Hauses sind stark eingeschränkt

Mit der Behauptung, die Nutzungs­mög­lich­keiten des Hauses seien stark eingeschränkt, wodurch die Lebens- und Wohnqualität in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werde, was zu einer Minderung des Mietwerts von 200 € pro Monat führe, verlangt der Kläger gestützt auf einen Ausgleichs­an­spruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB von der Beklagten sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht seiner Lebensgefährtin die Zahlung von 2.600 € nebst Zinsen für die Zeit von Januar 2005 bis Januar 2006, hilfsweise bis April 2006. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.100 € nebst Zinsen stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen.

Vorschriften über die Haftung für Bergschäden bilden keine abschließende Regelung

Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat auf die Revision des Klägers das Urteil des Berufungs­ge­richts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Nach seiner Ansicht enthalten die Vorschriften über die Haftung für Bergschäden (§§ 114 ff. BBergG) keine abschließende Regelung für den Ersatz sämtlicher Schäden, die durch untertägigen Bergbau verursacht werden, sondern einen Auffang­tat­bestand.

Ausgleichs­an­spruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB möglich

Sie lassen einen bürgerlich-rechtlichen Ausgleichs­an­spruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unberührt. Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer, der eine durch die ortsübliche Benutzung eines anderen Grundstücks herbeigeführte und durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen nicht zu verhindernde wesentliche Beein­träch­tigung der Nutzung seines Grundstücks dulden muss, von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Geldausgleich verlangen, wenn die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Dass die Beein­träch­tigung hier nicht von einem anderen Grundstück, sondern von dem Bergbau ausging, hindert die Geltendmachung des Anspruchs nicht; denn die Beklagte ist aufgrund des ihr verliehenen Bergwerks­ei­gentums tätig geworden, für das die Vorschriften über Grundstücke entsprechend gelten.

Ob die Anspruchs­vor­aus­set­zungen vorliegen, ob insbesondere die Nutzung des Grundstücks des Klägers unter Berück­sich­tigung der Lage in einem Bergbaugebiet unzumutbar beeinträchtigt gewesen ist, muss das Berufungs­gericht aufklären.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 177/08 des BGH vom 19.09.2008

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