Bundesgerichtshof Beschluss22.03.2018
BGH: Keine Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer Terrororganisation durch Alltagsleben im ISKeine Strafbarkeit gemäß §§ 129 a Abs. 1 und 5, 129b StGB
Eine Person macht sich allein durch das Leben im Herrschaftsgebiet des IS nicht wegen Mitgliedschaft in und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß §§ 129 a Abs. 1 und 5, 129b StGB strafbar. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Generalbundesanwalt beantragte beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs einen Haftbefehl gegen eine Frau, weil sie in der Zeit von März 2016 bis Mitte August 2017 im sogenannten Islamischen Staat (IS) gelebt hat. Die Frau folgte ihrem Ehemann, der im Herrschaftsgebiet des IS als Krankenpfleger arbeitete. Sie kümmerte sich um den Haushalt und erledigte Einkäufe. Der Generalbundesanwalt warf der Frau aufgrund dessen die Mitgliedschaft in und die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Der Ermittlungsrichter sah dies anders und wies den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Generalbundesanwalts.
Keine Strafbarkeit wegen Mitgliedschaft in und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
Der Bundesgerichtshof entschied gegen den Generalbundesanwalt. Die Beschuldigte habe sich nicht wegen Mitgliedschaft in und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß §§ 129 a Abs. 1, 129b StGB strafbar gemacht.
Keine Mitgliedschaft im IS durch Alltagsleben
Die Beschuldigte habe sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht als Mitglied am IS beteiligt oder habe die terroristischen Bestrebungen des IS von innen heraus gefördert. Allein aufgrund des Lebens im Herrschaftsgebiet des IS sei sie nicht Mitglied des IS geworden. Das Alltagsleben im Herrschaftsgebiet des IS sei nicht gleichzusetzen mit der Vereinigung als solche, auch wenn mit dem IS sympathisiert werden möge. Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschuldigten organisationsbezogene Aufgaben des IS übertragen worden seien.
Keine Unterstützung des IS
Es sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch nicht ersichtlich, dass die Beschuldigte den IS unterstützt habe. Allein ihre Anwesenheit und ihr alltägliches Zusammenleben mit ihrem Ehemann im Herrschaftsgebiet des IS haben sich nicht vorteilhaft auf die terroristischen Ziele und Tätigkeiten der Vereinigung ausgewirkt. Zwar könne dem Ehemann durch seine Tätigkeit als Krankenpfleger eine Unterstützungshandlung vorgeworfen werden. Jedoch habe die Beschuldigte ihren Ehemann dabei weder physisch noch psychisch unterstützt. Die Erledigung des Haushalts und der Einkäufe genügten dazu nicht. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Beschuldigte den Entschluss des Ehemanns, sich dem IS anzuschließen, bestärkt habe.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2019
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)