21.11.2024
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Dokument-Nr. 33333

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Bundesgerichtshof Urteil05.10.2023

Dienstgericht des Bundes bestätigt die Zulässigkeit der Versetzung eines Richters in den RuhestandVoraussetzung für die Ausübung des Richteramts die Unabhängigkeit und Unpar­tei­lichkeit des Richters

Das Dienstgericht des Bundes beim BGH hat entschieden: Der ehemalige AfD-Abgeordnete und Richter Jens Maier darf nicht zurück in die Justiz.

Der Antragsgegner trat im April 1992 in den Justizdienst des Antragstellers ein. Er war seit 1997 bis zum Beginn seiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag als gewählter Abgeordneter der Partei "Alternative für Deutschland (AfD)" (im Folgenden: AfD) am 24. Oktober 2017 als Richter am Landgericht tätig. Nach Beendigung dieser Mitgliedschaft beantragte er die Zurückführung in das frühere Dienst­ver­hältnis. Der Antragsteller übertrug dem Antragsgegner zur Erfüllung dieses Rechtsanspruchs das Amt eines Richters am Amtsgericht. Der Antragsteller hat bei dem Landgericht Leipzig - Dienstgericht beantragt, die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand für zulässig zu erklären.

Leipziger Dienstgericht: Maier als Richter nicht mehr tragbar

Der Antragsteller ist der Auffassung, der Antragsgegner habe durch seine Mitwirkung im sogenannten Flügel, einer formal aufgelösten und im Sächsischen Verfas­sungs­schutz­bericht 2020 als recht­s­ex­tre­mis­tischer Perso­nen­zu­sam­men­schluss bezeichneten Gruppierung innerhalb der Partei AfD, sowie durch wiederholte rassistische, antisemitische, natio­na­lis­tische und geschichts­re­vi­si­o­nis­tische Äußerungen seine Glaubwürdigkeit als Organ der Rechtspflege und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit bei der Ausübung des ihm anvertrauten Richteramtes endgültig verloren. Das Dienstgericht hat die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand für zulässig erklärt. Es lägen Tatsachen vor, aufgrund derer der Antragsgegner in seiner künftigen Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheine und das Vertrauen in seine Unvor­ein­ge­nom­menheit nicht mehr bestehe, so dass gemäß § 31 Nr. 3 DRiG seine Versetzung in den Ruhestand zwingend geboten sei, um eine schwere Beein­träch­tigung der Rechtspflege abzuwenden.

Keine herausgehobene Stellung bei politischer Gruppierung, die Grundlagen des demokratischen Verfas­sungs­staats ablehnt

Die Revision des Antragsgegners hat beim Dienstgericht des Bundes keinen Erfolg. Das Dienstgericht des Bundes hat in seiner Entscheidung wesentliche Rechts­grundsätze dazu aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen die politische Betätigung eines Richters seine Versetzung gemäß § 31 DRiG im Interesse der Rechtspflege rechtfertigen kann. Danach kommt eine solche Versetzung grundsätzlich in Betracht, wenn der Richter nicht mehr die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten wird. Das gilt nicht nur für die Berufung in das Richter­ver­hältnis, sondern ist dauernde Voraussetzung für die Ausübung des Richteramts auf der Grundlage des Grundgesetzes. Auf dem Boden des Grundgesetzes ist unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung des Richteramts die Unabhängigkeit und Unpar­tei­lichkeit des Richters. Tatsachen, die eine Versetzung nach § 31 DRiG rechtfertigen, liegen danach im Falle einer politischen Betätigung des Richters vor, wenn er sich in herausgehobener Stellung bei einer politischen Gruppierung betätigt, die Grundlagen des demokratischen Verfas­sungs­staats ablehnt. Weiter rechtfertigen Tatsachen eine Versetzung des Richters, wenn er durch sein Auftreten in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, er werde aus politischen Gründen sein künftiges dienstliches Verhalten an seiner persönlichen Einschätzung und nicht mehr allein an den Gesichtspunkten der Sachrichtigkeit, Rechtstreue, Gerechtigkeit, Objektivität und dem Allgemeinwohl ausrichten. Ausgehend hiervon hat das Dienstgericht aus den von ihm festgestellten, vom Antragsgegner stammenden oder ihm zuzurechnenden Äußerungen und Verhal­tens­weisen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung rechts­feh­lerfrei den Schluss gezogen, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person und die Amtsführung des Antragsgegners in hohem Maße beeinträchtigt sei und seine weitere rechtsprechende Tätigkeit den Eintritt eines schweren Schadens für das Ansehen der Rechtspflege besorgen lasse, die sein Verbleiben im Richteramt ausschließe.

Auch wegen Äußerungen aus der Zeit, in dem sein Dienst­ver­hältnis als Richter ruhte

Rechts­feh­lerfrei maßgeblich berücksichtigt hat das Dienstgericht dabei insbesondere die Eigenschaft des Antragsgegners als Obmann für Sachsen im sogenannten Flügel der AfD, Äußerungen auf Partei­ve­r­an­stal­tungen in Dresden im Januar 2017 und August 2017 und zwei vom offiziellen Twitter-Account des Antragsgegners abgesetzte Tweets. Die Anwendung des § 31 Nr. 3 DRiG ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil einige der vom Antragsteller zur Begründung seines Antrags vorgetragenen und vom Dienstgericht festgestellten Tatsachen in den Zeitraum fielen, in dem der Antragsgegner Mitglied des Deutschen Bundestages war und seine Rechte und Pflichten aus dem Dienst­ver­hältnis als Richter ruhten. Das Dienstgericht hat zudem rechts­feh­lerfrei unter Berück­sich­tigung des Grundsatzes der Verhält­nis­mä­ßigkeit auf die schärfste Maßnahme der Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand erkannt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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