14.11.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss11.11.2008

BGH untersagt Strom-Oligopol: Kein Zusammenschluss von E.ON und Stadtwerke Eschwege aufgrund starker MarktstellungRichter stärken Wettbewerb auf dem Strommarkt

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die beiden großen Energiekonzerne E.ON und RWE nicht mehr bei örtlichen Stadtwerken einsteigen dürfen. Den Konzernen sind selbst Minder­heits­be­tei­li­gungen untersagt. Die Karlsruher Richter bestätigten damit eine Verfügung des Bundes­kar­tellamts.

Der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Beschwerde gegen die Untersagung des Zusam­men­schluss­vor­habens E.ON - Stadtwerke Eschwege durch das Bundes­kar­tellamt zurückgewiesen.

BGH beschäftigte sich erstmals mit einem Zusam­men­schluss­vorhaben auf dem Strommarkt seit der Liberalisierung des Stromhandels im Jahre 1998

Dabei hat sich der Bundes­ge­richtshof erstmals seit der Liberalisierung des Stromhandels im Jahre 1998 mit einem Zusam­men­schluss­vorhaben auf dem Strommarkt befasst. Durch das am 29.4.1998 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Energie­wirt­schafts­rechts wollte der Gesetzgeber die gegeneinander abgeschotteten Versor­gungs­gebiete der großen Stromkonzerne aufbrechen und einem freien Wettbewerb zugänglich machen. Für den Erstabsatz von in Deutschland erzeugtem oder nach Deutschland importiertem Strom hat der Bundes­ge­richtshof nun festgestellt, dass noch kein freier Wettbewerb herrscht, sondern – zumindest – zwischen den beiden Marktführern E.ON und RWE ein markt­be­herr­schendes Oligopol besteht. Begründet hat er das u. a. mit der geringen Durch­lei­tungs­ka­pazität der Kuppelstellen an den deutschen Grenzen. Deswegen können ausländische Stromanbieter auf dem inländischen Markt nur einen geringen Wettbe­wer­bsdruck entfalten. Das verschafft den großen deutschen Stromerzeugern eine starke Marktstellung. Zwischen den beiden Marktführern E.ON und RWE besteht kein nennenswerter Wettbewerb. Auch die übrigen stromer­zeu­genden Unternehmen, darunter Vattenfall und EnBW, sind nicht in der Lage, einen hinreichenden Wettbe­wer­bsdruck gegen die Marktführer aufzubauen. Deshalb hat der Bundes­ge­richtshof E.ON und RWE als gemeinsam markt­be­herr­schend angesehen.

Richter: E.ON und RWE haben eine markt­be­herr­schende Stellung

Diese markt­be­herr­schende Stellung von E.ON und RWE würde verstärkt, wenn sich E.ON - wie geplant - an den Stadtwerken Eschwege beteiligte. Der Bundes­ge­richtshof hat festgestellt, dass es der Geschäftss­trategie der Marktführer entspricht, an zahlreichen Stadtwerken oder sonstigen Stromversorgern Minder­heits­be­tei­li­gungen zu erwerben, um auf diese Weise ihre Absatzgebiete zu sichern. Bereits jetzt haben E.ON und RWE Anteile an insgesamt 204 strom­ver­tei­lenden Unternehmen. Zusätzliche Beteiligungen würden den Wettbewerb weiter einschränken. Der Bundes­ge­richtshof hat deshalb die Unter­sa­gungs­ver­fügung des Bundes­kar­tellamts in letzter Instanz bestätigt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 206/08 des BGH vom 11.11.2008

der Leitsatz

GWB § 19 Abs. 2, § 36 Abs. 1

a) Für die Marktabgrenzung auf den Strommärkten kommt es darauf an, welche Strommengen "körperlich" angeboten werden. Deshalb besteht ein Erstabsatzmarkt für Strom, auf dem allein die stromer­zeu­genden und -importierenden Unternehmen als Anbieter auftreten. Bloße Strom­groß­händler gehören nicht zu den Anbietern auf diesem Markt.

b) Räumlich ist der Erstabsatzmarkt für Strom deutschlandweit abzugrenzen. Ein europaweiter Markt besteht angesichts der begrenzten Übertra­gungs­ka­pazität der Grenz­kup­pel­stellen nicht.

c) Ob mehrere Unternehmen ein Oligopol i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB bilden, ist anhand einer Gesamt­be­trachtung aller für den Wettbewerb relevanten Umstände zu beurteilen. Wesentliche Indizien dafür sind eine hohe Markt­trans­parenz und wirksame Abschreckungs- und Sankti­o­ns­mög­lich­keiten bei abweichendem Marktverhalten.

GWB § 70 Abs. 1

Das Beschwer­de­gericht braucht grundsätzlich die vom Bundes­kar­tellamt aufgrund einer Markt­da­te­n­er­hebung gewonnenen Ergebnisse nicht von Amts wegen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Überlegung der sich aufdrängenden Möglichkeiten dazu Anlass gibt.

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