21.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 33129

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Bundesgerichtshof Urteil27.07.2023

BGH entscheidet über Muster­feststellungs­klage zum Neukundenbonus in der Insolvenz eines Energie­ver­sorgersVerbraucher haben Anspruch auf Neukundenbonus trotz Insolvenz des Energie­ver­sorgers

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens über das Vermögen des von den Feststel­lungs­zielen betroffenen Unternehmens eine Muster­feststellungs­klage gegen den Insol­venz­ver­walter erhoben werden kann. Das setzt nicht voraus, dass dieser das Unternehmen fortführte.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zum Schutz von Verbrau­che­r­in­teressen. Der Beklagte ist Verwalter in dem Insol­venz­ver­fahren über das Vermögen einer Energie­ver­sor­gungs­ge­sell­schaft (im Folgenden: Schuldnerin). Diese warb Kunden von Energie­lie­fer­ver­trägen über Gas und Strom unter anderem mit einem vom Jahresumsatz abhängigen Neukundenbonus. Anfang 2019 stellte die Schuldnerin die Belieferung ihrer Kunden ein. Der Beklagte rechnete nach seiner Bestellung zum vorläufigen Verwalter die Verträge von mehr als 100.000 Kunden der Schuldnerin ohne Berück­sich­tigung des Neukundenbonus ab, wenn nicht eine Mindest­ver­trags­laufzeit von einem Jahr erreicht war. Im Übrigen vertritt er die Auffassung, die Berück­sich­tigung etwaiger Boni würde sich als insol­venz­rechtlich unzulässige Aufrechnung darstellen; entsprechende Forderungen seien zur Insol­venz­tabelle anzumelden. Der Kläger begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage gegenüber dem Beklagten die Feststellung, dass einer Berück­sich­tigung des Neukundenbonus in den Abrechnungen eines Energie­lie­fe­rungs­ver­trages zwischen einem Verbraucher und der Schuldnerin nicht die Tatsache entgegensteht, dass die Belieferung durch die Schuldnerin und/oder den vorläufigen Insolvenzverwalter vor Ablauf der Mindest­ver­trags­laufzeit endete. Weiter beantragt er die Feststellung, dass die Berück­sich­tigung des prozentual vom Umsatz gewährten Neukundenbonus in der Weise zu erfolgen hat, dass die Entgelt­for­derung in der Endabrechnung um den Bonus zu kürzen ist und dies keinem insol­venz­recht­lichen Aufrech­nungs­verbot unterfällt.

Muster­fest­stel­lungsklage zulässig

Das erstinstanzlich zuständige Oberlan­des­gericht hat der Klage stattgegeben. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens über das Vermögen des von den Feststel­lungs­zielen betroffenen Unternehmens kann die Muster­fest­stel­lungsklage gegen den Insol­venz­ver­walter erhoben werden. Das setzt nicht voraus, dass dieser das Unternehmen fortführte. Insol­venz­rechtliche Bestimmungen über die Forde­rungs­fest­stellung stehen im vorliegenden Fall einer Muster­fest­stel­lungsklage nicht entgegen. Durch die Benennung der Feststel­lungsziele ist die Klage rechtswirksam auf Masse­for­de­rungen und damit auf (künftige) Aktivprozesse der Masse beschränkt worden. Deshalb kommt es auch nicht auf das Verhältnis der Vorschriften des Muster­fest­stel­lungs­ver­fahrens zu denjenigen des insol­venz­recht­lichen Forde­rungs­fest­stel­lungs­ver­fahrens an.

Boni zu berücksichtigen

Aus der Sicht eines verständigen und redlichen Verbrauchers beschränken die für die Auslegung maßgeblichen Belie­fe­rungs­be­stä­ti­gungen, auf welche die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Schuldnerin verweisen, die Gewährung eines Neukundenbonus nicht auf eine Mindest­ver­trags­laufzeit von einem Jahr. Vielmehr wird der Neukundenbonus neben dem Grund- und dem Arbeitspreis mit einem Anteil vom Jahresumsatz im Sinne eines laufzei­t­u­n­ab­hängigen, einmaligen Rabatts aufgeführt. Daher handelt es sich nicht um eine eigenständige Forderung, sondern nur um einen im Rahmen der Jahres­ver­brauchs­a­b­rechnung abzusetzenden Rechnungsposten. Die Berück­sich­tigung des Rabatts stellt deswegen keine insol­venz­rechtlich unzulässige Aufrechnung oder Verrechnung dar.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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