Bundesgerichtshof Urteil22.10.2015
BGH: Nichteinhaltung der Formvorschrift führt zur Deckelung der rechtsanwaltlichen Vergütung auf gesetzliche GebührenZahlung eines vereinbarten Honorars trotz Kenntnis des Formmangels kann Rückforderungsanspruch ausschließen
Schließt ein Rechtsanwalt mit seinem Mandanten eine Honorarvereinbarung und wird dabei nicht die Formvorschrift des § 3 a Abs. 1 RVG eingehalten, so ist die Vergütung auf die gesetzlichen Gebühren beschränkt. Zahlt der Mandant aber das vereinbarte Honorar, obwohl er es für möglich hält, aufgrund des Formmangels dazu nicht verpflichtet zu sein, so ist ein Rückforderungsanspruch des Mandanten ausgeschlossen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein Angeklagter im Jahr 2001 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, beauftragte er im Jahr 2008 eine Rechtsanwaltskanzlei mit seiner Vertretung in einem Wiederaufnahmeverfahren. Gemäß einer mündlich getroffenen Vereinbarung zahlte der Angeklagte an die Kanzlei einen Betrag von 25.000 Euro. Nachfolgend verlangte er jedoch einen Betrag von 23.897,82 Euro zurück. Denn seiner Meinung nach habe er nur die gesetzliche Vergütung in Höhe von 1.102,18 Euro geschuldet. Den gezahlten Mehrbetrag klagte er daher ein.
Landgericht gab Klage statt, Oberlandesgerichts wies sie ab
Während das Landgericht Hamburg der Klage statt gab, wies sie das Oberlandesgericht Hamburg ab. Zwar sei die mündlich getroffene Honorarvereinbarung wegen eines Formmangels unwirksam gewesen. Dennoch habe der Kläger keine Rückzahlung verlangen dürfen. Es sei zu beachten gewesen, dass er anlässlich der Besprechung geäußert habe, er brauche keine Honorarvereinbarung. Für ihn sei die Bezahlung seiner Anwälte Sache der Ehre. Er habe seine Anwälte immer bezahlt und werde dies auch weiterhin tun. Das Oberlandesgericht sah in diesen Äußerungen einen Verzicht auf den Rückzahlungsanspruch. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein.
auch interessant
Bundesgerichtshof bejaht Verkürzung des Vergütungsanspruchs auf gesetzliche Gebühren
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf. Dem Kläger habe der Rückzahlungsanspruch zugestanden. Die Vereinbarung über die pauschale Vergütung in Höhe von 25.000 Euro habe nicht die Formvorschrift des § 3 a Abs. 1 RVG eingehalten. Dies habe die Vereinbarung zwar nicht unwirksam gemacht. Es habe jedoch dazu geführt, dass der Vergütungsanspruch gemäß § 4 b RVG auf die gesetzlichen Gebühren beschränkt sei. Diese haben sich auf 1.102,318 Euro belaufen.
Kein Verzicht auf Rückzahlungsanspruch
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs habe der Kläger nicht auf den Rückzahlungsanspruch verzichtet. Zwar sei dies grundsätzlich möglich. Die Annahme eines solchen Erlasses setze aber den unmissverständlichen Willen voraus, auf die Forderung zu verzichten. An die Feststellung des Willens seien strenge Anforderungen zu stellen. Bloße Vermutungen würden nicht genügen. Zudem sei der Schutzzweck des § 3 a Abs. 1 RVG zu berücksichtigen, der auch in der Warnung vor der Abweichung von den gesetzlichen Gebühren liege. Ein Verzicht sei daher nur dann anzunehmen, wenn der Mandant für den Rechtsanwalt erkennbar zumindest mit der Möglichkeit rechne, er könne wegen des Formmangels nicht zur Zahlung des vereinbarten Honorars verpflichtet sein. Dies sei im vorliegenden Fall aber nicht feststellbar gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.12.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)