Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Strafgefangener erhielt aufgrund von Arbeitsleistung ein monatliches Arbeitsentgelt von 240 €. Teile davon wurden ihm zum einen auf sein Hausgeldkonto und zum anderen auf sein Eigengeldkonto gutgeschrieben. Nunmehr bestand Streit darüber, ob das Eigengeld pfändbar war oder den Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung unterlag.
Während das Amtsgericht Ludwigsburg die Pfändung des Eigengelds bejahte, verneinte dies das Landgericht Stuttgart. Zur Begründung führte es aus, dass die Situation des Strafgefangenen, der von seinem Hausgeld allein nicht sein Sonderbedarf decken könne, mit der Situation eines in Freiheit befindlichen Schuldners, der seinen Sonderbedarf aus den ihm pfandfrei verbleibenden Arbeitsentgelt nicht decken könne, vergleichbar sei. Letzterer Fall werde durch § 850 f Abs. 1 ZPO geregelt. Es sei sachgerecht die Vorschrift auch auf die Situation des Strafgefangenen entsprechend anzuwenden. Nunmehr sollte der Bundesgerichtshof dazu Stellung nehmen.
Der Bundesgerichtshof hielt das Eigengeld für voll pfändbar. Die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO finden keine unmittelbare Anwendung. Denn diese gelten nur für die Pfändung des in Geld zahlbaren Arbeitseinkommens. Bei dem Strafgefangenen könne hingegen nur sein Anspruch auf Auszahlung seines Eigengelds gepfändet werden, nicht aber sein Anspruch auf Gutschrift des Arbeitsentgelts. Der Pfändungsschutz des § 850 c ZPO erstrecke sich nicht auf das zur Bewirkung der geschuldeten Leistung ausbezahlte oder auf ein Konto überwiesene Geld. Vielmehr erlösche mit der als Arbeitseinkommen geschuldeten Forderung auch der bis dahin für diese Forderung bestehende Pfändungsschutz.
Ebenso sei nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keine entsprechende Anwendung des § 850 c ZPO in Betracht gekommen. Denn das Schutzbedürfnis eines in Freiheit lebenden und Arbeitseinkommen erhaltenen Schuldners sei mit dem eines Schuldners, der in Strafhaft Arbeitsentgelt bezieht, nicht vergleichbar. Aus sozialen Gründen und im öffentlichen Interesse werde dem in Freiheit lebenden Schuldner ein Teil seines Arbeitseinkommens belassen. Maßstab für die Bemessung der für die Existenz des Schuldners und für den Erhalt seiner Arbeitsfähigkeit erforderlichen Mittel bilden die Bedürfnisse eines in Freiheit lebenden und arbeitenden Menschen.
Das Eigengeld des Strafgefangenen decke dagegen nicht sein Lebensunterhalt, so der Bundesgerichtshof weiter. Denn ihm werden Unterkunft, Verpflegung, notwendige Kleidung sowie Gesundheitsfürsorge gewährt. Zudem stehe ihm das unpfändbare Hausgeld und Überbrückungsgeld zur Verfügung, um seine privaten Bedürfnisse zu befriedigen bzw. seinen Lebensunterhalt zu sichern.
Darüber hinaus verneinte der Bundesgerichtshof eine unmittelbare Anwendung der § 850 f und § 850 k ZPO. Eine entsprechende Anwendung scheide aus, weil beide Vorschriften auf den § 850 c ZPO verwiesen, der weder mittelbar noch unmittelbar anwendbar war.
Ebenso habe nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Ausnahmevorschrift des § 765 a ZPO gegriffen, der in besonderen Härtefällen ein Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen gewährt. Die Voraussetzungen dafür haben aber nicht vorgelegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.11.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)