Bundesgerichtshof Urteil10.09.2014
Brand einer Scheune wegen abgestelltem Traktor: Kein Versicherungsschutz bei Schadensfall aufgrund vorsätzlicher GefahrerhöhungAbstellen eines Traktors in eine mit Heu und Stroh gefüllte Scheune stellt Gefahrerhöhung dar
Stellt ein Versicherungsnehmer in einer mit Heu und Stroh gefüllten Scheune einen Traktor ab, so stellt dies eine Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG dar. Hat er die Gefahrerhöhung vorsätzlich vorgenommen und kommt es zu einem Brand in der Scheune, so besteht nach § 26 Abs. 1 VVG kein Versicherungsschutz. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2009 stellte ein Mann einen Traktor in einer Scheune ab. In dieser wurden unter anderem Heu und Stroh gelagert. Zudem befand sich auf der Scheune eine Photovoltaikanlage. Aus ungeklärten Umständen kam es im Anschluss an das Abstellen des Traktors zu einem Brand in der Scheune. Dies führte unter anderem zur Zerstörung der Photovoltaikanlage. Der Mann beanspruchte daraufhin seine Versicherung. Diese lehnte jedoch eine Schadensregulierung ab. Daraufhin erhob der Versicherungsnehmer Klage.
Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Klage ab
Sowohl das Landgericht Landshut als auch das Oberlandesgericht München wiesen die Klage ab. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei die Versicherung aufgrund einer vorsätzlichen Gefahrerhöhung von ihrer Leistungspflicht nach § 26 Abs. 1 VVG befreit gewesen. Das Abstellen eines Traktors ohne abgeklemmte Batterien in einer mit leicht entzündbaren Materialen gefüllten Scheune stelle eine unzulässige Gefahrerhöhung gemäß § 23 Abs. 1 VVG dar. Der Versicherungsnehmer habe zudem in Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände gehandelt. Somit habe er die Gefahrerhöhung auch vorsätzlich herbeigeführt. Gegen diese Entscheidung legte der Versicherungsnehmer Revision ein.
Bundesgerichtshof verneinte Vorsatz aufgrund Kenntnis des gefahrerhöhenden Umstands
Der Bundesgerichtshof hielt es für unzulässig allein aufgrund der Kenntnis von den gefahrerhöhenden Umständen auf den Vorsatz des Versicherungsnehmers zu schließen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs habe ein grundlegendes Missverständnis vorgelegen. Er betonte daher, dass es im Rahmen von § 23 Abs. 1 VVG allein auf die Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände ankommt. Dies sei hier der Umstand, dass der Traktor in einer Scheune abgestellt wurde, in welche leicht entzündbare Stoffe lagerten. Dem Versicherungsnehmer müsse dagegen nicht bewusst sein, dass seine Handlung gefahrerhöhend ist, es also zu einem Brand kommen kann. Erst im Rahmen des § 26 Abs. 1 VVG sei danach zu fragen, ob der Versicherungsnehmer die Gefahrerhöhung vorsätzlich und somit in vollem Bewusstsein der Gefahrerhöhung vorgenommen hat.
Fehlen eines Vorsatzes trotz Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände
Der Bundesgerichtshof führte weiter aus, dass trotz Kenntnis von den gefahrerhöhenden Umständen eine vorsätzliche Gefahrerhöhung ausgeschlossen sein könne. So könne es an einem vorsätzlichen Verhalten fehlen, wenn der Versicherungsnehmer irrig meint, die erhöhte Gefahrenlage werde durch andere Maßnahmen kompensiert, wenn er auf das Urteil eines Sachverständigen vertraut oder wenn er irrtümlich eine Einwilligung der Versicherung in die Gefahrerhöhung annimmt. Zudem verwies der Bundesgerichtshof darauf, dass bei Annahme eines Vorsatzes allein aufgrund der Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände kaum noch Fälle denkbar wären, in denen der Versicherungsnehmer nur grob fahrlässig, leicht fahrlässig oder gar schuldlos handelte.
Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung zur Neuentscheidung
Der Bundesgerichtshof hob daher die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf und wies den Rechtsstreit zur Klärung, ob eine vorsätzliche Gefahrerhöhung vorlag, zur Neuentscheidung zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.12.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)