Oberlandesgericht Hamm Urteil02.07.2013
Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im Auto begründet keine Erhöhung der DiebstahlsgefahrKeine Befreiung der Kaskoversicherung von Leistungspflicht
Durch das Belassen der Fahrzeugpapiere im Auto wird die Gefahr eines Diebstahls nicht im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG erhöht. Die Kaskoversicherung wird daher nicht nach § 26 Abs. 1 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach dem Diebstahl seines PKW beanspruchte der Fahrzeugbesitzer seine Kaskoversicherung. Diese weigerte sich jedoch zu zahlen, da der Fahrzeugbesitzer unter anderem die Fahrzeugpapiere im Auto hat liegen lassen. Dies habe die Gefahr eines Diebstahls erhöht, so dass sie ihrer Meinung nach von ihrer Leistungspflicht befreit gewesen sei. Der Fall landete schließlich vor Gericht.
Landgericht nahm Gefahrerhöhung an
Das Landgericht Hagen entschied, dass die Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im Wagen eine vorsätzliche Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG darstellte. Die Versicherung sei deshalb von ihrer Leistungspflicht nach § 26 Abs. 1 VVG befreit gewesen. Gegen diese Entscheidung legte der Fahrzeugbesitzer Berufung ein.
Anspruch auf Versicherungsleistung bestand
Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Fahrzeugbesitzers und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Die Versicherung sei nicht nach § 26 Abs. 1 VVG von ihrer Leistungspflicht befreit gewesen. Denn die bewusste Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere im versicherten Fahrzeug habe keine Gefahrerhöhung dargestellt.
Gefahrerhöhung bezieht sich auf Entwendungsrisiko
Es müsse in diesem Zusammenhang beachtet werden, so das Oberlandesgericht weiter, dass sich die Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 1 VVG auf das Entwendungsrisiko, also auf einen Diebstahl, richtet. Daher sei es zwar der Versicherung zuzugeben, dass einem Fahrzeugdieb die Sicherung seines Diebstahls durch den Besitz des Kfz-Scheins erleichtert wird. Allerdings sei es nach typischerweise Lebenserfahrung nicht anzunehmen, dass das Zurücklassen des von außen nicht sichtbaren Fahrzeugscheins im PKW einen zur Totalentwendung noch nicht entschlossenen Täter dazu motiviert, den Wagen zu stehlen. Zudem sei die Verringerung des Entdeckungsrisikos für den Dieb nicht gleichzusetzen mit dem verwirklichten Entwendungsrisiko.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.10.2013
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)