21.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 30759

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Urteil02.09.2021BundesgerichtshofIII ZR 63/20
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Bundesgerichtshof Urteil02.09.2021

Ärztliche Aufklärungs­formulare unterliegen nur eingeschränkt der AGB-KontrolleBGH erlaubt Infoblatt zum Grünen Star

Ärztliche Aufklärungs­formulare unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nur einer eingeschränkten Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäfts­bedingungen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Beklagte ist ein Verband von Augenärzten. Er empfiehlt seinen Mitgliedern die Verwendung eines Patien­te­n­in­for­ma­ti­o­ns­blatts. In diesem werden die Patienten zunächst darüber aufgeklärt, dass ab einem Alter von 40 Jahren die Gefahr besteht, dass sich ein Glaukom (sog. Grüner Star) entwickelt, ohne dass frühzeitig Symptome auftreten. Deshalb werde eine - allerdings von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlte - Früher­ken­nungs­un­ter­suchung angeraten. Das Formular enthält anschließend folgende Passage:

"Ich habe die Patien­te­n­in­for­mation zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom) gelesen und wurde darüber aufgeklärt, daß trotz des Fehlens typischer Beschwerden eine Früher­ken­nungs­un­ter­suchung ärztlich geboten ist."

Darunter hat der Patient die Möglichkeit, die Erklärungen "Ich wünsche eine Untersuchung zur Früherkennung des Grünen Stars (Glaukom)." oder "Ich wünsche zurzeit keine Glaukom-Früher­ken­nungs­un­ter­suchung", anzukreuzen. Schlussendlich sind die Unterschriften des Patienten und des Arztes vorgesehen.

Verbrau­cher­schutz­verband klagte

Der Kläger, ein Verbrau­cher­schutz­verband, ist der Auffassung, bei der Erklärung, die Patien­te­n­in­for­mation gelesen und darüber aufgeklärt worden zu sein, dass die Früher­ken­nungs­un­ter­suchung ärztlich geboten sei, handele es sich um eine nach § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchst. b BGB unzulässige Tatsa­chen­be­stä­tigung. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, seinen Mitgliedern die Verwendung dieser Klausel (ggf. mit dem Zusatz "Ich wünsche zurzeit keine Glaukom-Früher­ken­nungs­un­ter­suchung") zu empfehlen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat sie das Oberlan­des­gericht abgewiesen.

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Die angegriffene Klausel ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 und 2, § 308 oder § 309 BGB unwirksam. Sie weicht nicht von Rechts­vor­schriften ab, so dass eine Inhalts­kon­trolle nach diesen Bestimmungen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht stattfindet. Das vom Beklagten empfohlene Infor­ma­ti­o­nsblatt unterrichtet die Patienten über das Risiko eines symptomlosen Glaukoms und über die Möglichkeit einer (auf eigene Kosten durch­zu­füh­renden) Früher­ken­nungs­un­ter­suchung. Die streitige Klausel dient der Dokumentation der hierüber erfolgten Aufklärung und der Entscheidung des Patienten, ob er die angeratene Untersuchung vornehmen lassen möchte.

Für die ärztliche Aufklärung gelten besondere eigenständige Regeln

Für die ärztliche Aufklärung gelten durch die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs entwickelte eigenständige Regeln, die auch das Beweisregime erfassen. Hiernach können unter anderem die Aufzeichnungen des Arztes im Krankenblatt herangezogen werden. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für den Inhalt der dem Patienten erteilten Aufklärung stellt - in positiver wie auch in negativer Hinsicht - insbesondere ein dem Patienten zur Verfügung gestelltes oder von diesem unterzeichnetes Aufklärungs- oder Einwil­li­gungs­formular dar. Dem Umstand, dass es sich um formularmäßige Mitteilungen, Merkblätter oder ähnliche allgemein gefasste Erklärungen handelt, hat der Bundes­ge­richtshof dabei jeweils keine einer Beweiswirkung entge­gen­stehende Bedeutung beigemessen. Vielmehr hat er auf die Vorteile vorformulierter Informationen für den Patienten hingewiesen und diesen selbst dann einen Beweiswert beigemessen, wenn sie nicht unterschrieben sind. An diese Grundsätze hat der Gesetzgeber bei der Schaffung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 angeknüpft.

In dieses besondere Aufklärungs- und Beweisregime des Rechts des Behand­lungs­vertrags fügt sich die angegriffene Klausel ein, so dass sie mit der Rechtslage übereinstimmt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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