21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 33685

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Beschluss10.01.2024BundesgerichtshofIII ZR 57/23
Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil02.06.2022, 2-20 O 35/22
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss30.03.2022, 1 U 183/22
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss10.01.2024

Keine Haftung der BaFin im Zusammenhang mit „Wirecard-Skandal“Weder Schadens­ersatz­anspruch aus Amtshaftung noch aus unions­recht­licher Staathaftung

Der Bundes­ge­richtshof hat die gegen den im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ergangenen Beschluss des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main von dem Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Der Kläger nimmt die beklagte Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der inzwischen insolventen Wirecard AG unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung und der unions­recht­lichen Staatshaftung auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagten, einer selbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts, obliegt unter anderem die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften des Wertpa­pier­han­dels­ge­setzes (WpHG). Dies betrifft vor allem die Bilanzkontrolle und die Markt­miss­brauchs­über­wachung. In dem Zeitraum vom 21. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2021 wurde die Bilanzkontrolle auf der Grundlage eines zweistufigen "Enforcement-Verfahrens" durchgeführt (§§ 37 n ff WpHG aF bzw. - ab 3. Januar 2018 - §§ 106 ff WpHG aF). Als Emittent von Aktien unterlag die Wirecard AG der Finanz­ma­r­kaufsicht und der Bilanzkontrolle durch die Beklagte. Die Jahres- und Konzer­n­ab­schlüsse sowie Lageberichte der Wirecard AG hatte der Abschlussprüfer bis einschließlich für das Geschäftsjahr 2018 jeweils mit einem unein­ge­schränkten Bestä­ti­gungs­vermerk testiert. Am 18. Juni 2020 veröffentlichte die Wirecard AG eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach der Abschlussprüfer mitgeteilt habe, dass über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. € (etwa ein Viertel der Konzern­bi­lanzsumme) noch keine ausreichenden Prüfungs­nachweise vorlägen. Am 22. Juni 2020 gab der Vorstand der Wirecard AG mittels einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass vermeintliches Vermögen in Höhe von 1,9 Mrd. € bei zwei Banken auf den Philippinen mit überwiegender Wahrschein­lichkeit nicht bestehe. Drei Tage darauf beantragte die Wirecard AG die Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens über ihr Vermögen, das am 25. August 2020 durch das Amtsgericht München eröffnet wurde. Bereits in den Jahren zuvor hatte es immer wieder Medienberichte, insbesondere in der "Financial Times", über (bilanzielle) Unregel­mä­ßig­keiten im Wirecard-Konzern gegeben. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 64.833,75 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

Kein Anspruch auf Schadensersatz

Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde des Klägers hat keinen Erfolg, weil die Zulas­sungs­vor­aus­set­zungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Das Berufungs­gericht hat einen Schaden­s­er­satz­an­spruch des Klägers aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) beziehungsweise unter dem Gesichtspunkt des unions­recht­lichen Staat­haf­tungs­an­spruchs zu Recht verneint. Die von der Beschwerde als grundsätzlich aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere zu den Regelungen der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Trans­pa­ren­zan­for­de­rungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2011/34/EG (Transparenz-Richtlinie) sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Markt­miss­brauchs­ver­ordnung), sind nicht entschei­dungs­er­heblich.

Maßnahmen der BaFin waren "jedenfalls vertretbar"

Die Maßnahmen der Beklagten im Rahmen der Markt­miss­brauchs­über­wachung und der Bilanzkontrolle bezüglich der Wirecard AG in dem Zeitraum von April 2015 bis Juni 2020 sind weder nach § 6 oder §§ 106 ff WpHG aF noch im Hinblick auf die Regelungen der Transparenz-Richtlinie oder der Markt­miss­brauchs­ver­ordnung zu beanstanden und waren bei voller Wahrung der Belange einer effektiven Bilanzkontrolle jedenfalls vertretbar. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 1, 3 AEUV ist daher nicht veranlasst. Dies gilt ebenfalls für die Frage, ob § 4 Abs. 4 des Finanz­dienst­leis­tungs­auf­sichts­ge­setzes (FinDAG) im Hinblick auf unions­rechtliche Vorgaben der Markt­miss­brauchs­ver­ordnung unanwendbar ist. Auch die anderen Rügen des Klägers (Divergenz zur Senats­recht­sprechung, rechtliches Gehör) greifen nicht durch. Von einer weiteren Begründung hat der Senat gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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