21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 27825

Drucken
Urteil14.06.2018BundesgerichtshofIII ZR 54/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2018, 1054Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2018, Seite: 1054
  • MDR 2018, 1141Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2018, Seite: 1141
  • NJW 2018, 2723Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 2723
  • NZV 2018, 53Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2018, Seite: 53
  • VersR 2018, 1445Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2018, Seite: 1445
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Baden-Baden, Urteil24.07.2014, 3 O 4/11
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil23.01.2017, 1 U 146/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil14.06.2018

BGH: Haftung des Staates für Amts­pflicht­verletzung bei Noteinsätzen zur Gefahrenabwehr nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränktKeine entsprechende Anwendung des § 680 BGB

Wird im Rahmen eines Noteinsatzes zur Gefahrenabwehr eine Amtspflicht verletzt, so beschränkt sich die Haftung des Staates nicht auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Eine entsprechende Anwendung von § 680 BGB kommt nicht in Betracht. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall kam es an einem Abend im Februar 2010 in einem Auslie­fe­rungslager und dem Verwal­tungs­gebäude eines Reform­wa­ren­handels zu einem Großbrand. Zur Bekämpfung des Brandes verwendete die Feuerwehr unter anderem PFOS-Schaum, welches ins Grundwasser gelangte. Dies beanstandete die Grund­s­tü­ck­ei­gen­tümerin, da sie nunmehr zur Sanierung des Grundstücks aufgefordert wurde. Sie hielt den Einsatz des Schaums für unnötig und warf dem Einsatzleiter der Feuerwehr eine Amtspflichtverletzung vor. Sie klagte daher auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht und Oberlan­des­gericht gaben Klage statt

Sowohl das Landgericht Baden-Baden als auch das Oberlan­des­gericht Karlsruhe gaben der Schaden­s­er­satzklage statt. Der Einsatz des PFOS-Schaums sei amtspflicht­widrig gewesen, so dass der Klägerin der Schaden­s­er­satz­an­spruch gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zustünde. Der Einsatzleiter habe fahrlässig gehandelt. Eine Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gemäß § 680 BGB komme nicht in Betracht. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Beklagten.

Bundes­ge­richtshof verneint ebenfalls Haftungs­pri­vi­le­gierung

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Insbesondere schloss er eine Haftungs­pri­vi­le­gierung für den Einsatzleiter und damit der Beklagten gemäß § 680 BGB aus. Eine direkte Anwendung der Vorschrift scheide aus, da die Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Geschäfts­führung ohne Auftrag im Sinne von §§ 677, 680 BGB nicht vorliegen. Aber auch eine entsprechende Anwendung von § 680 BGB scheide aus.

Keine entsprechende Anwendung von § 680 BGB bei Einsätzen professioneller Nothelfer

Eine entsprechende Anwendung des Haftungs­maßstabs aus § 680 BGB in Fällen der Gefahrenabwehr durch professionelle Nothelfer komme nicht in Betracht, so der Bundes­ge­richtshof. Es sei zu beachten, dass Sinn und Zweck der Vorschrift sei, dass der potentielle Helfer in Augenblicken dringender Gefahr zur Hilfeleistung ermutigt wird, ohne eine spätere Inanspruchnahme aufgrund Fehlverhaltens befürchten zu müssen. Die Vorschrift richte sich dabei an zufällige vor Ort befindliche Personen. Dies sei nicht vergleichbar mit der Situation von Amtsträgern, zu deren öffentlich-rechtlicher Pflicht die berufsmäßige Abwehr dringender Gefahren gehört. Diese seien auf Notensätze vorbereitet und haben eine entsprechende Erfahrung. Das Risiko eines Fehlverhaltens sei also deutlich geringer. Zudem sei die Feuerwehr vor finanziellen Risiken und Kosten eines Einsatzes geschützt. Schließlich gab der Bundes­ge­richtshof zu bedenken, dass es nicht den Grundsätzen der Amtshaftung entspreche, dass die gesamte öffentliche-rechtliche Gefahrenabwehr bei Notsituationen von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgenommen würde.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27825

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI