21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 24483

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Urteil12.01.2017BundesgerichtshofIII ZR 312/16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2017, 274Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2017, Seite: 274
  • VersR 2017, 422Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2017, Seite: 422
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Erfurt, Urteil03.07.2015, 10 O 1738/13
  • Oberlandesgericht Jena, Urteil19.05.2016, 4 U 592/15
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.01.2017

BGH: Thüringische Kassenärztliche Vereinigung haftet für Fehler eines Notarztes in ThüringenNotarzt im Rettungsdienst in Thüringen übt öffentliches Amt aus

Ein Notarzt im Rettungsdienst in Thüringen übt ein öffentliches Amt aus. Begeht er aus diesem Anlass einen Fehler, haftet dafür nicht der jeweilige Landkreis gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, sondern die thüringische Kassenärztliche Vereinigung. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2010 erlitt ein Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall ein Bruch des rechten Beins. Während der Erstversorgung an der Unfallstelle verabreichte der behandelnde Notarzt dem Unfallopfer verschiedene Medikamente, die einen Atemstillstand verursachten. Dies führte zu Hirnschäden beim Unfallopfer. Die Kranken­ver­si­cherung sowie die Pflegekasse des Unfallopfers klagten aufgrund dessen gegen den Landkreis auf Zahlung von Schadensersatz.

Landgericht und Oberlan­des­gericht wiesen Schaden­s­er­satzklage ab

Sowohl das Landgericht Erfurt als auch das Oberlan­des­gericht Jena wiesen die Schaden­s­er­satzklage ab. Zwar sei der Rettungsdienst in Thüringen öffentlich-rechtlich organisiert, so dass die Wahrnehmung rettungs­dienst­licher Aufgaben eine hoheitliche Betätigung darstelle. Jedoch hafte nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG die Körperschaft, in deren Dienst der handelnde Amtsträger stehe. Dies sei hier nicht der beklagte Landkreis, sondern die thüringische Kassenärztliche Vereinigung. Gegen diese Entscheidung legten die Kläger Revision ein.

Bundes­ge­richtshof verneint ebenfalls Schaden­s­er­satz­an­spruch

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Kläger zurück. Diesen stehe gegen den beklagten Landkreis kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu.

Ausübung eines öffentlichen Amtes durch Notarzt im Rettungsdienst

Ein Notarzt im Rettungsdienst übe in Thüringen nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs ein öffentliches Amt aus, so dass für etwaige Fehler bei der Erstversorgung nach Amtshaf­tungs­grund­sätzen gehaftet werde. Nach Art. 34 Satz 1 GG treffe bei Pflicht­ver­let­zungen eines Amtsträgers die Verant­wort­lichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er stehe. Der Notarzt habe aber nicht im Dienst des beklagten Landkreises, sondern der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung gestanden.

Haftung der Thüringischen Kassen­ärzt­lichen Vereinigung für Fehler eines Notarztes in Thüringen

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Rettungs­dienst­ge­setzes (ThürRettG) seien zwar die Landkreise und kreisfreien Städte Aufgabenträger des bodengebundenen Rettungs­dienstes, so der Bundes­ge­richtshof. Jedoch werde durch §§ 5 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 ThürRettG ausdrücklich der Bereich der notärztlichen Versorgung der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung zugewiesen. Diese habe die bedarfsgerechte und flächendeckende notärztliche Versorgung im bodengebundenen Rettungsdienst sicher zu stellen, was die Erstellung der Notarzt­dienstpläne und die Überwachung der notärztlichen Versorgung einschließe. Daraus lasse sich die Haftung der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung für Fehler eines Notarztes bei einem konkreten Rettungseinsatz ableiten.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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