22.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 7834

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Urteil07.05.2009BundesgerichtshofIII ZR 277/08
Vorinstanzen:
  • Landgericht Stuttgart, Urteil01.08.2007, 27 O 4/07
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil13.08.2008, 12 U 132/07
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil07.05.2009

Kein Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen Wirtschafts­prü­fungs­un­ter­nehmen, das einen Prüfungsauftrag der BaFin unzureichend erfüllt hatKeine Haftung bei Fehlern in der Ausführung laut § 4 Abs. 4 FinDAG

Vertrag zwischer der BaFin und dem Wirtschafts­un­ter­nehmen entfaltet keine Schutzwirkung für das Entschä­di­gungs­un­ter­nehmen, da kein notwendiges Interesse der Behörde vorhanden war, dem Entschä­di­gungs­un­ter­nehmen eine Haftungs­mög­lichkeit zu verschaffen.

Der Bundes­ge­richtshofs hat über einen Schaden­s­er­satz­an­spruch entschieden, der gegen ein Wirtschafts­prü­fungs­un­ter­nehmen wegen Schlech­t­er­füllung eines zwischen dem Unternehmen und der Bundesanstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (im Folgenden: BaFin) geschlossenen Vertrags geltend gemacht wurde.

Die Klägerin ist eine gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 des Einla­gen­si­cherungs- und Anlege­rent­schä­di­gungs­ge­setzes (ESAEG) vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842) bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau errichtete Entschä­di­gungs­ein­richtung. Ihr sind diejenigen Institute im Sinne von § 1 Abs. 1 ESAEG zugeordnet, die keine Einla­gen­kre­di­t­in­stitute sind. Zu den der Klägerin hiernach zugeordneten Unternehmen gehörte auch die Phoenix Kapitaldienst GmbH (im Folgenden: P. GmbH).

Im Sommer 2002 ordnete die BaFin eine Sonderprüfung der P. GmbH an. Mit deren Durchführung beauftragte die Behörde die Beklagte.

Diese nahm die Sonderprüfung im Herbst 2002 vor. Hierbei blieb ihren Mitarbeitern verborgen, dass ein für die Beurteilung der wirtschaft­lichen Situation der P. GmbH entscheidendes Konto, das sie nach ihren Geschäfts­un­terlagen angeblich unterhielt, tatsächlich nicht existierte. Dieser Umstand, der dementsprechend in dem der BaFin zugeleiteten Prüfungsbericht keine Erwähnung fand, wurde erst durch eine entsprechende Mitteilung der neuen Geschäfts­leitung der P. GmbH an die BaFin im Frühjahr 2005 offenbar. Diese beantragte kurz darauf die Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens über das Vermögen der P. GmbH und stellte den Entschä­di­gungsfall gemäß § 5 Abs. 1 ESAEG fest. Die Klägerin leistete daraufhin Entschädigungen an die betroffenen Anleger.

Die Klägerin wirft der Beklagten vor, die von ihr eingesetzten Mitarbeiter hätten bei ordnungsgemäßer Ausführung der Sonderprüfung erkennen können und müssen, dass das fragliche Konto der P. GmbH nicht bestand. Wäre pflichtgemäß geprüft worden, wäre der Eintritt des Entschä­di­gungs­falles bereits spätestens im Mai 2003 und nicht erst im Frühjahr 2005 festgestellt worden. Sie, die Klägerin, hätte in diesem Fall wesentlich geringere Entschädigungen leisten müssen.

Die Klägerin hat aus eigenem und hilfsweise aus von der BaFin abgetretenem Recht die Feststellung der Schaden­s­er­satz­pflicht der Beklagten verlangt.

Die Klage ist in allen Instanzen erfolglos geblieben.

Vertrag mit der BaFin bietet keine Schutzwirkung

Der BGH hat die Auffassung des Berufungs­ge­richts bestätigt, dass die Klägerin aus dem zwischen der BaFin und der Beklagten geschlossenen Vertrag keine Ansprüche herleiten kann. Der Vertrag entfaltet keine Schutzwirkung zugunsten der Klägerin, da das hierfür notwendige (objektive) Interesse der Behörde nicht vorhanden war, der Klägerin eine Haftungs­mög­lichkeit gegenüber der Beklagten zu verschaffen, und der erforderliche Wille der Vertrags­parteien fehlte, die Klägerin in den Schutzbereich des Vertrages einzubeziehen.

Die BaFin schaltete die Beklagte gemäß § 4 Abs. 3 des Finanz­dienst­leis­tungs­auf­sichts­ge­setzes* (FinDAG) bei der Sonderprüfung zur Wahrnehmung eigener Verwal­tungs­aufgaben ein. Die Behörde haftet für Fehler bei der Ausführung dieser Aufgaben gemäß § 4 Abs. 4 FinDAG* der Klägerin nicht. Haftet die BaFin selbst für Pflichtverstöße bei der Sonderprüfung nicht, besteht auch keine sachliche Notwendigkeit und damit auch kein objektives Interesse, der Klägerin nur deshalb - ansonsten nicht gegebene - Schaden­s­er­satz­ansprüche zu verschaffen, weil Hilfspersonen mit der Sonderprüfung betraut wurden. Überdies fehlte es an dem Einbe­zie­hungs­willen der Vertrags­parteien, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte bereit war, stillschweigend die unüber­schaubaren Risiken einer Haftung für die Einlagen einer unbekannten Vielzahl von Anlegern, deren Ansprüche bei der Klägerin lediglich gebündelt waren, ohne zusätzliche Vergütung zu übernehmen.

Schaden von vornherein nur bei der Klägerin

Die Klägerin kann auch aus den von der BaFin abgetretenen Rechten keinen Schaden­s­er­satz­an­spruch herleiten. Die Behörde hat keinen eigenen Schaden erlitten. Der bei der Klägerin eingetretene Schaden ist ihr auch nicht im Wege der so genannten Dritt­scha­dens­li­qui­dation zuzurechnen. Es fehlt an der hierfür notwendigen zufälligen Verlagerung des Schadens, da dieser von vornherein nur bei der Klägerin, nicht aber bei der BaFin eintreten konnte.

*§ 4 Abs. 3 und 4 FinDAG:

(3) Bei der Durchführung ihrer Aufgaben kann sich die Bundesanstalt anderer Personen und Einrichtungen bedienen.

(4) Die Bundesanstalt nimmt ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahr.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 100/09 des BGH vom 07.05.09

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