18.01.2025
Urteile, erschienen im Dezember 2024
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
48       1
49 2345678
50 9101112131415
51 16171819202122
52 23242526272829
1 3031     
Urteile, erschienen im Januar 2025
  Mo Di Mi Do Fr Sa So
1   12345
2 6789101112
3 13141516171819
4 20212223242526
5 2728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
18.01.2025  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 14579

Drucken
Urteil08.11.2012BundesgerichtshofIII ZR 151/12 und III ZR 293/11
Vorinstanzen:
  • Landgericht Mosbach, Urteil18.03.2011, 1 O 211/10
  • Landgericht Mosbach, Urteil19.08.2011, 1 O 15/11
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil15.11.2011, 12 U 85/11
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil03.05.2012, 12 U 149/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.11.2012

Amtspflichten zur Durchführung von BSE-Tests an Rindern obliegen keiner dritt­ge­richteten SchutzwirkungVersehentlich entfallene BSE-Untersuchung führt zur Beschlagnahme des Rohfetts durch das Veterinäramt

Die den Veteri­nä­r­be­hörden im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von BSE-Tests an Rindern in einem Schlachthof obliegenden Amtspflichten entfalten grundsätzlich keine drittgerichtete Schutzwirkung zugunsten der Unternehmen, die vom Schlachthof - oder einem "Zwischen­lie­fe­ranten" - Schlacht­produkte kaufen, um diese weiter zu veräußern oder zu verarbeiten. Soweit die Veteri­nä­r­behörde allerdings einen Abnehmer über das Ergebnis ihrer Untersuchung unterrichtet und die bereits bei diesem befindliche, bis zum Vorliegen des Unter­su­chungs­er­geb­nisses sichergestellte Ware freigibt, schafft sie dadurch einen unmittelbaren Vertrau­en­s­tat­bestand für die ordnungsgemäße Durchführung der BSE-Tests und haftet dem Abnehmer auf Ersatz seines Vertrau­ens­schaden. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

In dem vorzuliegenden Fall betreibt die Klägerin im Verfahren III ZR 151/12 eine Fettschmelze. Dazu bezieht sie Schlachtfette von einem Schlachthof und verarbeitet diese weiter. Im Schlachthof unterhält das Veterinäramt eine Fleisch­hy­gi­e­ne­stelle, die unter anderem BSE-Tests durchführt. Solche waren ab 1. Januar 2009 für im Inland geborene und gehaltene Rinder vorgeschrieben, soweit diese älter als 48 Monate waren. In der Zeit vom 12. bis 21. Januar 2009 wurden im Schlachthof unter anderem sieben Rinder geschlachtet, die altersgemäß auf BSE hätten untersucht werden müssen, versehentlich aber nicht untersucht wurden. Das aus den Schlachtungen der jeweiligen Tage stammende Rohfett lieferte der Schlachthof an die Klägerin auf Siche­rungs­schein, d.h. zur Verwahrung bis zur Aufhebung der Beschlagnahme. Zwischen dem 12./13. und 21./22. Januar 2009 erstellten das Veterinäramt im Rahmen sogenannter Begleitscheine fünf Ergeb­nis­mit­tei­lungen, wonach die durchgeführten Untersuchungen auf BSE negativ verlaufen seien und die Beschlagnahme der bereits an die Klägerin ausgelieferten Rohware aufgehoben werde. Hierüber informierte das Veterinäramt auch die Klägerin. Die Klägerin verarbeitete das Rohfett und verkaufte es teilweise weiter, so unter anderem an die Klägerin im Verfahren III ZR 293/11. Nachdem der Fehler festgestellt worden war, mussten die Fettprodukte vernichtet werden.

Klagen auf Schadensersatz ohne Erfolg

Die Klagen auf Schadensersatz - die Klägerin im Verfahren III ZR 151/12 hat neben eigenen Schäden auch Schäden anderer Abnehmer aus abgetretenem Recht geltend gemacht - haben in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Der III. Zivilsenat hat die Berufung der Klägerin im Verfahren III ZR 293/11 zurückgewiesen. Im Verfahren III ZR 151/12 hat das Gericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Berufungsurteil, soweit die dortige Klägerin eigene Schäden geltend gemacht hat, aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Gesund­heits­schutz wichtiger als Schutz der Klägerinnen

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass Amtshaf­tungs­ansprüche nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB*, Art. 34 Satz 1 GG** die Verletzung einer gerade einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht voraussetzen. Die rechtlichen Bestimmungen über die Durchführung von BSE-Tests dienen aber dem Gesund­heits­schutz; ihnen lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die hier betroffenen wirtschaft­lichen Interessen der Klägerinnen geschützt werden sollen.

Amtspflichten im Verhältnis zum betroffenen Schlachtbetrieb nicht drittbezogen

Zwar sind nach der Rechtsprechung des Gerichtes die bei der Durchführung einer BSE-Untersuchung bestehenden Amtspflichten im Verhältnis zum betroffenen Schlachtbetrieb drittbezogen und kommen Schaden­s­er­satz­ansprüche in Betracht, wenn ein Schlacht­hof­be­treiber durch Fehler der zuständigen Behörden unmittelbar an der (gewinn­brin­genden) Verwertung seines Eigentums gehindert wird. Im vorliegenden Fall ist Streit­ge­genstand aber der Schaden von in der weiteren Abnehmer- und Verar­bei­tungskette stehenden Unternehmen. Insoweit besteht grundsätzlich keine Drittwirkung; die einschlägigen Amtspflichten schützen nicht die individuellen Vermö­gen­s­in­teressen dieser Gruppe am Absatz von Tierprodukten zum Zwecke der Gewinnerzielung.

Dritter kann ihm gegenüber obliegende Amtspflichten nicht auf Vertragspartner erstrecken

Die Haftung des Staates würde ansonsten - obwohl drittbezogen nur Amtspflichten sind, bei denen in qualifizierter und zugleich indivi­du­a­li­sierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist - konturlos und wäre letztlich nur noch eine Frage der Kausalität. Allein der Umstand, dass jemand durch eine Amtspflichtverletzung kausal geschädigt wird, genügt aber nicht, um ihn als Dritten anzusehen. Insbesondere bei denjenigen, die in ihren eigenen Interessen erst als Folge ihrer schuld­recht­lichen Beziehungen zu den unmittelbar von der Ausübung der Amtspflicht betroffenen Personen und Unternehmen berührt werden, kann regelmäßig keine Drittwirkung zuerkannt werden; denn grundsätzlich hat es der geschützte Dritte nicht in der Hand, durch den Abschluss von Verträgen den Schutzbereich der ihm gegenüber obliegenden Amtspflichten auf den Vertragspartner zu erstrecken. Auch wären vorliegend die potentiellen Schäden und die damit verbundenen Haftungsrisiken kaum absehbar und ausufernd, da die Verarbeitung selbst geringer Mengen von verkehr­s­un­fähigen Fleisch­be­stand­teilen oder Nebenprodukten dazu führen kann, dass große Mengen der mit Hilfe dieser Stoffe hergestellten End- oder Fertigprodukte unbrauchbar werden.

Klägerin hat Vorgaben der BSE-Verordnung eingehalten

Die Freigabe des Schlacht­fleisches stellt nicht generell eine geschützte Verläss­lich­keits­grundlage für wirtschaftliche Dispositionen dar. Insoweit stellt sich die Situation allerdings bei der Klägerin im Verfahren III ZR 151/12 anders dar. Die Auslegung der in den Begleitscheinen enthaltenen Ergeb­nis­mit­tei­lungen ergibt, dass die hiervon erfassten Rohfett­lie­fe­rungen von Rindern stammen, bei deren Schlachtung die Vorgaben der BSE-Verordnung eingehalten worden sind. Die Klägerin, bei der sich zum Zeitpunkt der Mitteilungen die fraglichen Rohfette tatsächlich befunden haben und aufgrund der ausgesprochenen vorläufigen Sicher­stel­lungen auch nur befinden durften, konnte als Adressat dieser Mitteilungen auf deren Richtigkeit vertrauen und entsprechend wirtschaftlich disponieren; insoweit ist sie auch als geschützte Dritte im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen.

*§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB

Amtspflichtverletzung

Amtspflichtverletzung '>

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

** Art. 34 Satz 1 GG

Amtspflichtverletzung

Amtspflichtverletzung '>

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verant­wort­lichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil14579

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI