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Bundesgerichtshof Beschluss18.05.2017

BGH erbittet Vorab­ent­scheidung des EuGH zur Zulässigkeit der Mietwagen-App "UBER Black"Stellt Vermittlungs­tätigkeit von "UBER Black" in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Verkehrs­dienst­leistung dar?

Der Bundes­ge­richtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Mietwagen über die App "UBER Black" zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist Taxiunternehmer in Berlin. Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, bot die Applikation "UBER Black" für Smartphones an, über die Mietwagen mit Fahrer bestellt werden konnten. Dabei erhielt der Fahrer, dessen freies Mietfahrzeug sich zum Zeitpunkt des Auftrags am Nächsten zum Fahrgast befand, den Fahrauftrag unmittelbar vom Server der Beklagten. Zeitgleich benachrichtigte die Beklagte das Mietwa­gen­un­ter­nehmen per E-Mail.

Kläger rügt Wettbe­wer­bs­verstoß

Der Kläger hält das Angebot der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Rückkehrgebot für Mietwagen (§ 49 Absatz 4 Perso­nen­be­för­de­rungs­gesetz (PBefG)* für wettbewerbswidrig. Er hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

BGH setzt Verfahren aus

Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Unionsrechts ab. Der Bundes­ge­richtshof hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt.

Fahraufträge müssen zuerst am Betriebssitz des Unternehmens eingehen

Die Verwendung der beanstandeten Version der App "UBER Black" verstößt gegen § 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG. Nach dieser Bestimmung dürfen mit Mietwagen nur Fahraufträge ausgeführt werden, die zuvor am Betriebssitz des Unternehmens eingegangen sind. Dagegen können Fahrgäste den Fahrern von Taxen unmittelbar Fahraufträge erteilen. Die Bedingung, dass Fahraufträge für Mietwagen zunächst am Betriebssitz des Unternehmers eingehen müssen, ist nicht erfüllt, wenn der Fahrer unmittelbar den Fahrauftrag erhält, auch wenn das Unternehmen, das den Mietwagen betreibt, zeitgleich unterrichtet wird. Dabei ist es unerheblich, ob die unmittelbare Auftrags­er­teilung an den Fahrer durch die Fahrgäste selbst oder - wie im Streitfall - über die Beklagte erfolgt.

Regelung zum Schutz des Taxiverkehrs gerechtfertigt

In dieser Auslegung ist § 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG gegenüber den Mietwa­gen­un­ter­nehmen und der Beklagten eine verfas­sungs­rechtlich unbedenkliche Berufs­aus­übungs­re­gelung. Sie ist zum Schutz des Taxiverkehrs gerechtfertigt, für den feste Beför­de­rung­s­tarife und Kontra­hie­rungszwang gelten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die eigene Tätigkeit der Beklagten dem Perso­nen­be­för­de­rungs­gesetz unterfällt. Für die Wettbe­wer­bs­verstöße der mit ihr kooperierenden Mietwa­gen­un­ter­nehmer und der Fahrer haftet die Beklagte als Teilnehmerin.

Aus Vorschriften der Union zur Dienst­leis­tungs­freiheit könnte sich Verbot von "UBER Black" ergeben

Fraglich ist jedoch, ob unions­rechtliche Bestimmungen einem Verbot von "UBER Black" entgegenstehen. Bedenken gegen ein Verbot könnten sich allein aus den Vorschriften der Union zur Dienst­leis­tungs­freiheit ergeben. Diese Bestimmungen finden aber keine Anwendung auf Verkehrs­dienst­leis­tungen. Zu der für die gesamte Union einheitlich zu beantwortenden Frage, ob die Vermitt­lung­s­tä­tigkeit der Beklagten in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Verkehrs­dienst­leistung darstellt, besteht noch keine Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Da sich diese Frage nicht ohne weiteres beantworten lässt, hat der Bundes­ge­richtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob der Dienst der Beklagten eine Verkehrs­dienst­leistung ist.

Verbot zum Erhalt der Wettbewerbs- und Funkti­o­ns­fä­higkeit des Taxenverkehrs möglich

Sollte der Gerichtshof der Europäischen Union eine Verkehrs­dienst­leistung verneinen, stellt sich im vorliegenden Verfahren die weitere Frage, ob es aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienst­leis­tungen im Binnenmarkt unter den gegenwärtigen Verkehrs­ver­hält­nissen gerechtfertigt sein kann, eine App der im Streitfall beanstandeten Art zu untersagen, um die Wettbewerbs- und Funkti­o­ns­fä­higkeit des Taxenverkehrs zu erhalten.

Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen des Handelsgerichts Barcelona zu "UBER" bereits beim EuGH anhängig

Beim Gerichtshof der Europäischen Union ist bereits ein Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen des Handelsgerichts Barcelona (C-434/15) anhängig, das den Dienst UberPop betrifft, bei dem Privatpersonen in ihren eigenen Fahrzeugen Fahrgäste ohne behördliche Genehmigung befördern. In diesem Verfahren hat der Generalanwalt die Schlussanträge am 11. Mai 2017 vorgelegt. Im Hinblick auf Unterschiede im Sachverhalt in beiden Verfahren ist jedoch nicht absehbar, ob die Antworten auf die im Streitfall aufgeworfenen Fragen der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem Vorla­ge­ver­fahren aus Barcelona zu entnehmen sein werden. Der Bundes­ge­richtshof hat deshalb ein eigenes Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen gestellt.

* § 49 Absatz 4 PBefG lautet:

Verkehr mit Mietwagen ist die Beförderung von Personen mit Perso­nen­kraftwagen, die nur im ganzen zur Beförderung gemietet werden und mit denen der Unternehmer Fahrten ausführt, deren Zweck, Ziel und Ablauf der Mieter bestimmt und die nicht Verkehr mit Taxen [...] sind. Mit Mietwagen dürfen nur Beför­de­rungs­aufträge ausgeführt werden, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Nach Ausführung des Beför­de­rungs­auf­trages hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beför­de­rungs­auftrag erhalten. [...] Annahme, Vermittlung und Ausführung von Beför­de­rungs­auf­trägen, das Bereithalten des Mietwagens sowie Werbung für Mietwa­gen­verkehr dürfen weder allein noch in ihrer Verbindung geeignet sein, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr zu führen. [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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