23.11.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 32355

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Urteil10.11.2022BundesgerichtshofI ZR 241/19
Vorinstanzen:
  • Landgericht Bochum, Urteil21.11.2018, I-13 O 110/18
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil26.11.2019, I-4 U 22/19
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil10.11.2022

Internethändler müssen nicht zwingend über die Herstell­er­ga­rantie informierenBloße Erwähnung der Garantie löst keine Infor­ma­ti­o­ns­pflicht aus

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Internethändler Verbraucher nicht näher über die Herstell­er­ga­rantie für ein angebotenes Produkt informieren müssen, wenn die Garantie kein zentrales Merkmal ihres Angebots ist.

Die Parteien vertreiben Taschenmesser im Wege des Internethandels. Die Beklagte bot auf der Inter­net­plattform Amazon ein Schweizer Offiziersmesser an. Die Angebotsseite enthielt unter der Zwischen­über­schrift "Weitere technische Informationen" einen Link mit der Bezeichnung "Betrie­b­s­an­leitung". Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produk­t­in­for­ma­ti­o­nsblatt, das folgenden Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt: "Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabri­ka­ti­o­ns­fehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt." Weitere Informationen zu der Garantie enthielt das Produk­t­in­for­ma­ti­o­nsblatt nicht.

BGH setzt Verfahren - Vorla­ge­be­schluss zum EuGH

Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen die gesetzlichen Informationspflichten betreffend Garantien. Sie hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garan­tie­schutzes anzugeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlan­des­gericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Oberlan­des­gericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt. Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren im Februar 2021 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über die Fragen durch Urteil entschieden.

BGH: Nähere Informationen zur Herstell­er­ga­rantie hier nicht erforderlich

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Oberlan­des­ge­richts aufgehoben und das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wieder­her­ge­stellt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage des Bundes­ge­richtshofs entschieden, dass ein Unternehmer die Verbraucher vor Abschluss eines Kaufvertrags über die Bedingungen der Herstell­er­ga­rantie informieren muss, wenn er die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht und so als Verkauf­s­a­r­gument einsetzt. Erwähnt er dagegen die Herstellergarantie nur beiläufig, so dass sie aus Sicht der Verbraucher kein Kaufargument darstellt, muss er keine Informationen über die Garantie zur Verfügung stellen. Im Streitfall stellt die Herstell­er­ga­rantie kein wesentliches Merkmal des Angebots der Beklagten dar. Sie wird auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt, sondern findet sich an untergeordneter Stelle in einem Produk­t­in­for­ma­ti­o­nsblatt. Auf dieses Produk­t­in­for­ma­ti­o­nsblatt gelangt der Verbraucher nur, wenn er einen Link anklickt, der unter der Zwischen­über­schrift "Weitere technische Informationen" steht und mit der Bezeichnung "Betrie­b­s­an­leitung" versehen ist und daher eher auf eine technisch-funktionale Erläuterung hindeutet.

Kein verbindliches Garan­tie­ver­sprechen

Die Beklagte hat mangels eines Verstoßes gegen die Markt­ver­hal­tens­re­gelung des § 479 Abs. 1 BGB auch keine nach § 3 a UWG unlautere Handlung begangen. Die in § 479 Abs. 1 BGB normierte Pflicht zur Information über den Gegenstand und den Inhalt einer (Hersteller-)Garantie greift erst ein, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garan­tie­vertrags unterbreitet. Im Streitfall enthielt der auf der Angebotsseite befindliche Link auf das Produk­t­in­for­ma­ti­o­nsblatt mit der Herstell­er­ga­rantie noch kein verbindliches Garantieversprechen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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