18.10.2024
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Dokument-Nr. 33401

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Bundesgerichtshof Urteil26.10.2023

Auswahltasten von Zigaret­te­n­au­tomaten an Super­ma­rkt­kassen müssen Warnhinweise zeigenAbbildungen auf Auswahltasten ohne gesundheits­bezogenen Warnhinweis führen zu Kaufimpuls

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Abbildungen von Zigaret­ten­pa­ckungen auf den Auswahltasten von Waren­ausgabe­automaten an Super­ma­rkt­kassen die gesetzlich vorge­schriebenen gesundheits­bezogenen Warnhinweise zeigen müssen.

Der Kläger ist ein eingetragener Verbrau­cher­verein. Der Beklagte betreibt in München zwei Supermärkte. An deren Kassen werden Zigaret­ten­pa­ckungen in Waren­aus­ga­be­au­tomaten zum Kauf bereitgehalten. Die Zigaret­ten­pa­ckungen sind mit den vorge­schriebenen gesund­heits­be­zogenen Warnhinweisen versehen. Kunden, die eine Zigaret­ten­packung erwerben wollen, müssen durch Drücken einer am Waren­aus­ga­be­au­tomaten befindlichen Taste die Zigarettenmarke auswählen. Die für den Kunden zuvor nicht sichtbare Zigaret­ten­packung wird dann von einer Ausga­be­vor­richtung auf das Kassenband befördert und von dem Kunden an der Kasse bezahlt, falls er sich nicht anders entscheidet und von einem Kauf der Zigaretten absieht. Die Auswahltasten des Zigaret­te­n­au­tomaten sind mit Abbildungen versehen, die zwar keine naturgetreuen Zigaret­ten­pa­ckungen zeigen, aber hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie Zigaret­ten­pa­ckungen gestaltet sind. Diese Abbildungen zeigen keine gesund­heits­be­zogenen Warnhinweise. Der Kläger hat den Beklagten wegen Verstoßes gegen die Tabak­er­zeug­nis­ver­ordnung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Nach zwei Klarstellungen des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der Richtlinie 2014/40/EU (Tabak­er­zeug­nis­richtlinie) gab der Bundes­ge­richtshof der Revision nun teilweise statt.

Bei Nicht­sicht­barkeit der Packungen von außen kein Kaufimpuls

Der BGH hat die Abweisung des vorrangig verfolgten Hauptantrags bestätigt, mit dem der Kläger der Beklagten verbieten lassen wollte, Zigaretten in Ausga­be­au­tomaten zum Verkauf anzubieten, wenn dadurch die gesund­heits­be­zogenen Warnhinweise auf den Packungen verdeckt werden. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 TabakerzV bestimmt, dass gesund­heits­be­zogene Warnhinweise auf Zigaret­ten­pa­ckungen zum Zeitpunkt des Inver­kehr­bringens nicht verdeckt werden dürfen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist daher richt­li­ni­en­konform auszulegen. Aus der Vorab­ent­scheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass Zigaretten zwar schon mit ihrem Anbieten über Ausga­be­au­tomaten und nicht erst mit dem Abschluss eines Kaufvertrags in den Verkehr gebracht werden. Allerdings sind gesund­heits­be­zogene Warnhinweise auf Zigaret­ten­pa­ckungen nicht im Sinne dieser Vorschriften verdeckt, wenn die Zigaret­ten­pa­ckungen in Ausga­be­au­tomaten vorrätig gehalten werden und deshalb von außen überhaupt nicht sichtbar sind. Kann der Verbraucher - wie im Streitfall - die im Automaten eingeschlossene Packung von außen überhaupt nicht sehen, wird er keinen Kaufimpuls verspüren, dem durch die gesund­heits­be­zogenen Warnhinweise entgegengewirkt werden soll.

Warnhinweise gehören auch auf Auswahltasten von Zigaret­te­n­au­tomaten

Die Revision des Klägers hat allerdings Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Hilfsantrags wendet, der auf das Verbot der Verwendung von Abbildungen von Zigaret­ten­ver­pa­ckungen ohne gesund­heits­be­zogene Warnhinweise auf den Auswahltasten des Automaten gerichtet ist. Insoweit hat der Bundes­ge­richtshof das Berufungsurteil aufgehoben und den Beklagten zur Unterlassung verurteilt. Gemäß § 11 Abs. 2 TabakerzV müssen Abbildungen von Packungen, die für an Verbraucher gerichtete Werbemaßnahmen in der Europäischen Union bestimmt sind, den Anforderungen der Tabak­er­zeug­nis­ver­ordnung zur Verpackung und zu Warnhinweisen genügen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU ins deutsche Recht um und ist deshalb gleichfalls richt­li­ni­en­konform auszulegen. Nach der Vorab­ent­scheidung des Gerichtshofs der Europäischen liegt eine Abbildung im Sinne dieser Vorschriften nicht nur bei einer naturgetreuen Abbildung einer Zigaret­ten­packung vor, sondern bereits dann, wenn die Abbildung - wie im Streitfall - an eine Zigaret­ten­packung erinnert. Von einer solchen Abbildung geht ein vergleichbarer Kaufimpuls aus. Sie muss daher ebenfalls einen gesund­heits­be­zogenen Warnhinweis aufweisen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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