18.10.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss25.04.2019

BGH erbittet Vorab­ent­scheidung des Gerichtshof der Europäischen Union zu Fragen möglicher Urheber­rechts­verletzungen durch FramingStreit um Vorschaubilder im Internet

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, ob eine Verwertungs­gesellschaft den Abschluss eines Vertrages über die Nutzung von Digitalisaten urheber­rechtlich geschützter Werke im Internet davon abhängig machen darf, dass der Nutzer wirksame technische Maßnahmen gegen sogenanntes "Framing" ergreift, also gegen das Einbetten der auf dem Server dieses Nutzers gespeicherten und auf seiner Internetseite eingestellten Inhalte auf der Internetseite eines Dritten. Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorab­ent­scheidung gebeten.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissen­schaft­s­ein­rich­tungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheber­rechtlich geschützt.

Klägerin verlangt Vertrag mit Recht zur Nutzung der Werke mittels Vorschaubildern

Die Beklagte, die Verwer­tungs­ge­sell­schaft Bild-Kunst, nimmt die urheber­recht­lichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr. Die Klägerin verlangte von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumt. Die Beklagte machte den Abschluss eines solchen Nutzungs­vertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig: "Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertrags­ge­gen­ständ­lichen Werke und Schutz­ge­gen­stände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutz­ge­gen­stände gegen Framing anzuwenden." Die Klägerin lehnte eine solche Vertrags­be­stimmung ab und beantragte mit ihrer Klage die Feststellung, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungs­ver­trages ohne diese Regelung verpflichtet ist.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Landgericht Berlin wies die Klage als unzulässig ab. Auf die Berufung der Klägerin stellte das Berufungs­gericht die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungs­vertrags ohne diese Klausel fest. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Klage­ab­wei­sungs­antrag weiter.

BGH setzt Verfahren aus und bittet um Vorab­ent­scheidung des EuGH

Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft vorgelegt, ob die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat.

Beklagte muss angemessene Nutzungsrechte einräumen und gleichzeitig Rechte angeschlossener Urheber wahrnehmen und durchsetzen

Die Beklagte ist als Verwer­tungs­ge­sell­schaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 des Verwer­tungs­ge­sell­schaf­ten­ge­setzes zwar verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Die Beklagte ist allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen. Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs könnte die Beklagte daher möglicherweise verlangen, dass der mit der Klägerin zu schließende Nutzungsvertrag die Klägerin zur Anwendung von technischen Schutzmaßnahmen gegen Framing verpflichtet. Das setzt allerdings voraus, dass eine unter Umgehung derartiger Schutzmaßnahmen im Wege des Framing erfolgende Einbettung der auf der Internetseite der Klägerin für alle Internetnutzer frei zugänglichen Vorschaubilder in eine andere Internetseite das Recht der Urheber zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke verletzt. Ob in einem solchen Fall das Recht der öffentlichen Wiedergabe aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG verletzt ist, der durch § 15 Abs. 2 UrhG ins deutsche Recht umgesetzt wird, ist zweifelhaft und bedarf daher der Entscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Erläuterungen

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG

Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugäng­lich­machung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

§ 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG

Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe).

§ 34 Abs. 1 VGG

Die Verwer­tungs­ge­sell­schaft ist verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Die Bedingungen müssen insbesondere objektiv und nicht­dis­kri­mi­nierend sein und eine angemessene Vergütung vorsehen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online (pm/kg)

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