Bundesgerichtshof Beschluss06.11.2014
BGH: Bei Frage der Erstattungsfähigkeit von Flugreisekosten zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins durch Rechtsanwalt ist Zeitersparnis zu berücksichtigenWeitere wichtige Umstände sind Höhe der Mehrkosten und Bedeutung des Rechtsstreits
Bei der Frage, ob die Kosten einer Flugreise zwecks Wahrnehmung eines Gerichtstermins zu den erstattungsfähigen Reisekosten eines Rechtsanwalts zählen, ist neben der Höhe der Mehrkosten und der Bedeutung des Rechtsstreits noch die Zeitersparnis gegenüber anderen Beförderungsmitteln zu berücksichtigen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall musste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage beschäftigen, ob die Flugreisekosten von in München ansässigen Rechtsanwälten in Höhe von insgesamt ca. 2.007 EUR erstattungsfähige Reisekosten waren. Die Rechtsanwälte vertraten eine in Freising ansässige Mandantin im Rahmen eines Gerichtsverfahrens wegen eines Wettbewerbsverstoßes vor dem Landgericht Hannover. In diesem Zusammenhang kam es im Januar und August 2013 zu Gerichtsterminen. Das Landgericht Hannover und das Oberlandesgericht Celle hielten die Flugreisekosten für nicht erstattungsfähig und legten der Kostenerstattung eine Anreise mit der Bahn in der ersten Klasse zum Preis von 1.266 EUR zugrunde. Ihrer Ansicht nach habe die behauptete Zeitersparnis eine Anreise mit dem Flugzeug nicht gerechtfertigt.
Zeitersparnis kann Flugreise rechtfertigen
Der Bundesgerichtshof führte zum Fall aus, dass bei der Prüfung, ob die Mehrkosten einer Flugreise außer Verhältnis zu den Kosten einer Bahnfahrt stehen, es nicht allein auf die Höhe der Mehrkosten und die Bedeutung des Rechtsstreits ankomme. Vielmehr sei auch die bei Benutzung des Flugzeugs gewonnene Zeitersparnis zu berücksichtigen. Dabei reiche es nicht, die reinen Flugzeiten mit der Dauer der Bahnfahrt zu vergleichen. Es müssen vielmehr auch die Zeiten für Transfer jeweils zum und vom Bahnhof oder Flughafen sowie für Sicherheitskontrollen und Boarding bei einer Flugreise berücksichtigt werden.
Keine Erstattungsfähigkeit der Flugreisekosten aufgrund mangelnden Vortrags zur Zeitersparnis
Der Bundesgerichtshof bestätigte dennoch die Entscheidung der Vorinstanz. Die Flugreisekosten seien nicht erstattungsfähig. Zwar stehe der Erstattungsfähigkeit nicht entgegen, dass die Flugkosten die Kosten zwei Bahnreisen um 58,5 % und damit erheblich übersteigen. Denn der Wert des Rechtsstreits habe mit 30.000 EUR etwa das 15-fache der Flugkosten betragen. Die Erstattung sei zu verneinen, da nicht vorgetragen worden sei, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Rechtsanwälte durch die Wahl des Flugzeugs anstelle der Bahn eine Zeitersparnis erzielt haben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.04.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)