Bundesgerichtshof Beschluss10.01.2017
BGH verneint "Strafbarkeitslücke" bei Insiderhandel und MarktmanipulationAuch vor Neuregelung des Wertpapierhandelsrechts begangene Taten können weiterhin geahndet werden
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass durch die Neuregelung des Wertpapierhandelsrechts im Jahre 2016 keine zeitliche Lücke hinsichtlich der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ahndbarkeit von Insiderhandel und Marktmanipulation entstanden ist, die eine Straflosigkeit von vor der Gesetzesänderung begangenen Taten zur Folge haben könnte.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Landgericht Hamburg hat den früheren Vorstandvorsitzenden einer Aktiengesellschaft wegen der Ordnungswidrigkeit der leichtfertigen Marktmanipulation zu einer Geldbuße verurteilt; hinsichtlich einer Nebenbeteiligten hat es eine Verfallsentscheidung getroffen, der die von einem Mitangeklagten begangene Straftat des Insiderhandels zugrunde lag. Die im Jahr 2007 begangenen Taten wurden vom Landgericht vor Inkrafttreten des Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetzes (BGBl. I 1514) am 2. Juli 2016 abgeurteilt, durch das die maßgeblichen Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes geändert wurden. Diese verweisen seitdem auf Verbotsnormen der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch, die indes erst seit dem 3. Juli 2016 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar gilt.
Revision vom BGH als unbegründet verworfen
Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen des Angeklagten und der Nebenbeteiligten als unbegründet verworfen. Er hat entschieden, dass im Zuge der Neuregelung des Wertpapierhandelsrechts keine zeitliche Lücke hinsichtlich der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ahndbarkeit von Insiderhandel und Marktmanipulation entstanden ist, die gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 4 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 354 a StPO eine Straflosigkeit von vor der Gesetzesänderung begangenen Taten zur Folge gehabt hätte. Auch diese können demnach weiterhin geahndet werden.
Das Urteil des Landgerichts Hamburg ist damit rechtskräftig.
StGB
§ 2 Zeitliche Geltung
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
[...]
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
[...]
OWiG
§ 4 Zeitliche Geltung
(1) Die Geldbuße bestimmt sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Handlung gilt.
[...]
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Handlung gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.01.2017
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online