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- DAR 2015, 97Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2015, Seite: 97
- NJW 2015, 1124Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 1124
- NJW-Spezial 2015, 43 (Rainer Heß und Michael Burmann)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2015, Seite: 43, Entscheidungsbesprechung von Rainer Heß und Michael Burmann
- Amtsgericht Siegen, Urteil10.09.2013
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss20.02.2014
Bundesgerichtshof Beschluss23.09.2014
BGH: Telefonat eines Fahrlehrers begründet keine Ordnungswidrigkeit wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons während der FahrtOhne Eingriff in die Ausbildungsfahrt ist Fahrlehrer kein Fahrzeugführer im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO
Telefoniert ein Fahrlehrer während einer Ausbildungsfahrt mit einem Mobiltelefon, so liegt keine nach § 23 Abs. 1a StVO verbotswidrige Benutzung des Mobiltelefons vor, solange der Fahrlehrer nicht in die Fahrt eingreift. Denn in diesem Fall gilt er nicht als Fahrzeugführer im Sinne der Vorschrift. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2013 telefonierte ein Fahrlehrer während einer Ausbildungsfahrt mit einer fortgeschrittenen Fahrschülerin mit seinem Mobiltelefon. Das Amtsgericht Siegen verhängt deshalb gegen den Fahrlehrer eine Geldbuße von 40 Euro. Dagegen richtete sich seine Rechtsbeschwerde.
Oberlandesgericht legt Frage nach der Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers dem BGH vor
Das Oberlandesgericht Karlsruhe konnte über den Fall nicht entscheiden, ohne einerseits von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 04.07.2013 (IV-1 RBs 80/13) oder andererseits von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24.03.2009 (2 Ss OWi 127/2009) abzuweichen. Es fragte daher den Bundesgerichtshof, ob ein Fahrlehrer während der Ausbildungsfahrt als Führer eines Fahrzeugs im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO gilt.
Bundesgerichtshof verneint Fahrzeugführereigenschaft eines Fahrlehrers bei fehlender Notwendigkeit zum Eingreifen in Fahrgeschehen
Der Bundesgerichtshof führte zur Frage aus, dass ein Fahrlehrer auf Ausbildungsfahrt kein Fahrzeugführer im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO ist, solange er nicht vom Beifahrersitz aus in die Lenk- oder Antriebsvorgänge eingreift. Dass er sich dies im Notfall vorbehält sowie die besondere technische Ausstattung eines Fahrschulwagens, genüge nicht zur Annahme der Fahrzeugführereigenschaft.
Verantwortlichkeit des Fahrlehrers für die Fahrt sowie Pflicht zur Überwachung des Fahrschülers unbeachtlich
Soweit das Oberlandesgericht Bamberg die Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers daraus ableitet, dass er für die Fahrt Verantwortung trägt und den Fahrschüler ständig beobachten muss, hielt der Bundesgerichtshof dies für nicht richtig. Denn beabsichtigt der Gesetzgeber neben dem Fahrzeugführer auch die sonst für die Sicherheit Verantwortlichen in den Anwendungsbereich einer Vorschrift mit einzubeziehen, so ordne er dies im Wortlaut ausdrücklich an (Bsp.: § 315 a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dies sei aber in § 24 Abs. 1a StVO unterblieben. Die Ausdehnung der Vorschrift über den Wortlaut hinaus verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG.
Vorschrift des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG spricht gegen Fahrzeugführereigenschaft
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs habe zudem die Vorschrift des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG gegen die Fahrzeugführereigenschaft des Fahrlehrers gesprochen. Nach dieser Regelung gilt ein Fahrlehrer unter bestimmten Bedingungen als Fahrzeugführer (sog. gesetzliche Fiktion). Aus Sicht der Bundesrichter wäre eine solche Regelung unnötig, wenn der Fahrlehrer ohnehin als Fahrzeugführer gelte.
Keine Anwendung der Fiktion auf § 23 Abs. 1a StVO
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sei die gesetzliche Fiktion des § 2 Abs. 15 Satz 2 StVG nicht auf § 23 Abs. 1a StVO anzuwenden. Dagegen habe unter anderem der Sinn und Zweck des Verbots des Telefonierens mit Mobiltelefonen während der Fahrt gesprochen. Dieser liege darin, dem Fahrzeugführer beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgaben frei zu halten. Die Tätigkeit eines Fahrlehrers beschränke sich aber in der Regel auf verbale Anweisungen. Selbst wenn ein Eingreifen notwendig werde, benötige der Fahrlehrer nicht beide Hände dazu.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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