Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Abend im September 1989 verursachte ein Autofahrer einen Verkehrsunfall, weil er die Vorfahrt eines anderen Verkehrsteilnehmers missachtete. Da bei ihm eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 Promille zum Unfallzeitpunkt festgestellt wurde, verurteilte ihn das Amtsgericht Wolfsburg wegen des Verstoßes gegen § 24 a StVG zu einer Geldbuße und einem Fahrverbot. Nach Ansicht des Gerichts komme eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB nicht in Betracht, da der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,3 Promille nicht erreicht worden sei. Gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Braunschweig Revision ein. Ihrer Meinung nach sei der Grenzwert auf 1,1 Promille festzulegen. Das Oberlandesgericht wollte nunmehr vom Bundesgerichtshof wissen, ob der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Autofahrern bei 1,1 Promille liege.
Der Bundesgerichtshof führte zunächst aus, dass aufgrund seiner Entscheidung vom Dezember 1966 eine absolute Fahruntüchtigkeit von 1,3 Promille galt. Dieser setzt sich zum einen aus dem Grundwert von 1, Promille zusammen. Ab diesem Wert liege laut der Alkoholforschung und nach den Ergebnissen von Fahrversuchen eine absolute Fahruntüchtigkeit vor. Da jedoch statistische Untersuchungen den Eintritt der absoluten Fahruntüchtigkeit zwischen einem Wert von 1, bis 1,1 Promille festlegten und die Blutalkoholbestimmung ungenau war, nahm der Bundesgerichtshof damals zum anderen einen Sicherheitszuschlag von ,2 Promille vor. Dies ergab den Grenzwert von 1,3 Promille (BGH, Beschl. v. 09.12.1966 - 4 StR 119/66 -). Daran sei aber nunmehr nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht mehr festzuhalten.
Soweit statistische Ergebnisse die absolute Fahruntüchtigkeit bei 1, bis 1,1 Promille festlegten, hielt der Bundesgerichtshof dies für unbeachtlich. Denn an einer solchen Wertung sei der Richter nicht gebunden. Die juristische Bewertung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse sei vielmehr allein seine Aufgabe. Es sei festzuhalten, dass die Alkoholforschung und Fahrversuche den Wert von 1, Promille bestätigten. Hinzu komme, dass sich seit 1966 die Verkehrsverhältnisse stark verändert haben. Die Leistungsanforderungen an Autofahrer seien wesentlich gestiegen. Dies alles rechtfertige den Grundwert der absoluten Fahruntüchtigkeit auf 1, Promille festzulegen.
Angesichts der verbesserten Bestimmung der Blutalkoholkonzentration sei nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Sicherheitszuschlag auf ,1 Promille festzulegen. Somit liege der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit bei 1,1 Promille.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.02.2018
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)