15.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil10.01.2013

BGH verneint Siche­rungs­ver­wahrung nebst lebenslanger FreiheitsstrafeZusätzliche Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung würde zu keiner Verbesserung der Sicher­heits­belange der Allgemeinheit führen

Der Bundes­ge­richtshof hat die Verurteilung eines Straftäters wegen der besonderen Schwere der Schuld zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestätigt. Die ebenfalls geforderte Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung hob der Bundes­ge­richtshof jedoch auf, da durch die zusätzliche Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung kein zusätzlicher Gewinn für die Sicher­heits­belange der Allgemeinheit erzielt werden würde.

Im zugrunde liegenden Fall hatte das Landgericht Stade den Angeklagten wegen Mordes in drei Fällen sowie einer Reihe weiterer Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Es hat weiter festgestellt, dass die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt, und zusätzlich die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

BGH bestätigt lebenslange Freiheitsstrafe

Der 3. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld bestätigt. Das bedeutet, dass der Angeklagte länger als die Mindest­ver­bü­ßungszeit von 15 Jahren und möglicherweise bis an sein Lebensende in Strafhaft bleibt.

BGH hebt Anordnung zur Siche­rungs­ver­wahrung unter Berufung auf Rechtsprechung des BVerfG auf

Aufgehoben hat der Bundes­ge­richtshof hingegen die Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat im Mai 2011 die Vorschriften über die Siche­rungs­ver­wahrung für verfas­sungs­widrig erklärt und bis zum Inkrafttreten eines neuen Gesetzes die Anordnung der Maßregel nur dann für zulässig erachtet, wenn sie unerlässlich ist, um die Sicherheit der Allgemeinheit zu gewährleisten. In Übereinstimmung mit einer Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundes­ge­richtshofs vom Juli des vergangenen Jahres hat der Senat im zu entscheidenden Fall die Unerläss­lichkeit der Siche­rungs­ver­wahrung neben der verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe verneint. Letztere wird auch in etwa 20 Jahren nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können, wenn der Angeklagte dann noch gefährlich ist. Die Aussetzung einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung setzt nämlich voraus, dass dies unter Berück­sich­tigung der Sicher­heits­in­teressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§ 57 a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB). Nur wenn sich im Laufe der Verbüßung der Strafhaft herausstellt, dass der Angeklagte nicht mehr gefährlich ist, wird er also aus der Strafhaft entlassen werden können. In diesem Fall dürfte indes auch eine zusätzlich angeordnete Siche­rungs­ver­wahrung nicht mehr vollzogen werden (§ 67 c Abs. 1 StGB). Daraus folgt, dass durch die zusätzliche Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung kein zusätzlicher Gewinn für die Sicher­heits­belange der Allgemeinheit erzielt werden könnte.

§ 57 Absatz 1 StGB

Erläuterungen
Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1.zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind, 2.dies unter Berück­sich­tigung des Sicher­heits­in­teresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und 3.die verurteilte Person einwilligt.

§ 57 a StGB

Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1.fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind, 2.nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und 3.die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.

§ 67 c Absatz 1 StGB

Wird eine Freiheitsstrafe vor einer zugleich angeordneten Unterbringung vollzogen, so prüft das Gericht vor dem Ende des Vollzugs der Strafe, ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert. Ist das nicht der Fall, so setzt es die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt Führungs­aufsicht ein.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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