21.11.2024
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Dokument-Nr. 20769

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Urteil17.03.2015Bundesgerichtshof2 StR 281/14
Vorinstanz:
  • Landgericht Meiningen, Urteil08.01.2014, 620 Js 27798/11 1 KLs
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.03.2015

Schuldspruch gegen ehemaligen thüringischen Innenminister wegen Abgeordneten­be­stechung und Vorteilsannahme rechtskräftigLandgerichts Meiningen muss über Strafzumessung neu befinden

Der Bundes­ge­richtshof hat den Schuldspruch gegen ehemaligen thüringischen Innenminister wegen Abgeordneten­be­stechung und Vorteilsannahme bestätigt.

Das Landgericht Meiningen hat den Angeklagten wegen Abgeord­ne­ten­be­stechung sowie wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme in einem weiteren Fall hat es den Angeklagten freigesprochen.

Sachverhalt

Der Angeklagte bekleidete von 1999 bis 2002 das Amt des thüringischen Innenministers. Im September 2009 wurde er zum ehrenamtlichen Beigeordneten und Stellvertreter des Oberbür­ger­meisters der Stadt Eisenach gewählt. Am 28. Juli 2010 schloss er einen Beratervertrag mit einem Unternehmen, das sich mit der Projekt­ent­wicklung im Bereich erneuerbare Energien befasste. Darin verpflichtete er sich, die wirtschaft­lichen Interessen des Vertrags­partners gegen ein Entgelt von 700 Euro pro aufgewendetem Arbeitstag zu vertreten. In einer mündlichen Zusatz­ver­ein­barung ließ sich der Angeklagte diese Vorteile dabei nicht nur für private Tätigkeiten, sondern auch für eine sich damit überschneidende Dienstausübung versprechen.

Der Angeklagte informierte den Oberbür­ger­meister zwar allgemein darüber, dass er einen Beratervertrag abgeschlossen habe, teilte ihm aber weder die genauen Konditionen noch die konkreten Tätigkeiten mit, die er seinem Vertragspartner in Rechnung stellte. Der Oberbür­ger­meister erteilte dem Angeklagten den Auftrag, im Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 Verhandlungen mit dem Thüringer Bau- und Umwelt­mi­nis­terium zu führen, in denen es um eine Erweiterung der sog. Windvor­rang­gebiete ging. Der Angeklagte führte diesen Auftrag aus und nahm Einfluss auf eine entsprechende Beschluss­vorlage des Stadtrats der Stadt Eisenach. Diese und andere Tätigkeiten rechnete er gegenüber seinem Vertragspartner als Beratung­s­tä­tigkeit ab.

Mit Vereinbarung vom 20. Dezember 2010 wurde der ursprünglich bis zum 31. Dezember 2010 befristete Beratervertrag bis zum 31. Dezember 2011 verlängert. Der Angeklagte ließ sich in diesem Vertrag durch eine zumindest stillschweigend getroffene Zusatz­ver­ein­barung auch für seine Dienstausübung Vorteile in Form eines Beratungs­ho­norars versprechen.

Landgericht wertet Zusatz­ver­ein­ba­rungen zu Berater­ver­trägen als strafbare Vorteilsannahme

Das Landgericht hat die Zusatz­ver­ein­ba­rungen zu den beiden Berater­ver­trägen jeweils als strafbare Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB gewertet und angenommen, eine Genehmigung der Vorteile durch den Oberbür­ger­meister habe nicht vorgelegen.

Landgericht wertet Verhalten des Angeklagten bei Abstimmung über Bauleitplanung als Abgeord­ne­ten­be­stechung

Zudem schloss der Angeklagte im März 2011 mit einem anderen Unternehmen einen vergü­tungs­pflichtigen Beratungs­vertrag, der eine Unterstützung bei der Bauleitplanung hinsichtlich der geplanten Ansiedelung eines Elektro­fach­markts in Eisenach zum Gegenstand hatte. Von der vom Angeklagten geschuldeten "Beratungs"-Leistung war nach einer mündlichen Zusatz­ver­ein­barung auch umfasst, dass der Angeklagte bei einer künftigen Abstimmung des Stadtrats für die Aufhebung eines früheren, dem Interesse seines Auftraggebers entge­gen­ste­henden Beschlusses und für eine geänderte Planung stimmen sollte, welche diesen Interessen entsprach. In einer Abstimmung des Stadtrats am 24. Juni 2011 stimmte der Angeklagte entsprechend ab. Dieses Verhalten des Angeklagten hat das Landgericht als Abgeord­ne­ten­be­stechung gemäß § 108 e Abs. 1 StGB in der bis zum 31. August 2014 geltenden Fassung gewertet.

Angeklagter fordert Freispruch von allen Vorwürfen

Gegen diese Verurteilung wandte sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, der einen Freispruch von allen Vorwürfen erstrebte. Die Staats­an­walt­schaft beanstandete mit der Sachrüge den Teilfreispruch und die Strafzumessung des Landgerichts.

Entgegennahme der "Beraterhonorare" sind als korruptive Unrechts­ver­ein­ba­rungen anzusehen

Der 2. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die für den zweiten Beratervertrag vom 20. Dezember 2010 verhängte Einzelstrafe sowie die Gesamtstrafe wegen eines Wertungsfehlers aufgehoben, im Übrigen aber beide Revisionen als unbegründet verworfen. Er entschied, dass die Beurteilung des Landgerichts rechts­feh­lerfrei war, wonach der Angeklagte mit dem Energie-Unternehmen korruptive Unrechts­ver­ein­ba­rungen abgeschlossen habe. Die Entgegennahme der "Beraterhonorare" war weder durch allgemeine Regeln noch durch eine Genehmigung gedeckt, denn der Angeklagte hatte wesentliche Inhalte der von ihm geschlossenen Verträge gegenüber seinem Dienstherrn verschwiegen.

BGH verneint rechtliche Bedenken bei Verurteilung wegen Abgeord­ne­ten­be­stechung

Auch die Verurteilung wegen Abgeord­ne­ten­be­stechung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nach den Feststellungen des Landgerichts gehörte zum unaus­ge­spro­chenen Inhalt des vom Angeklagten geschlossenen Vertrags, dass er selbst bei der als erforderlich vorausgesetzten (neuen) Abstimmung im Stadtrat für die seinen Auftraggeber begünstigende Planänderung stimmte. Das Vorbringen des Angeklagten, dies sei von Anfang an und unabhängig von der Zuwendung seine Meinung gewesen, hat das Landgericht zu Recht als irrelevant angesehen.

Schuldspruch wegen Abgeord­ne­ten­be­stechung und Vorteilsannahme rechtskräftig

Der Bundes­ge­richtshof hat die darüber hinaus gehende, zu Lasten des Angeklagten eingelegte Revision der Staats­an­walt­schaft als unbegründet verworfen. Der Schuldspruch wegen Abgeord­ne­ten­be­stechung und Vorteilsannahme in zwei Fällen ist damit rechtskräftig. Über die Strafzumessung hinsichtlich der aufgehobenen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe muss eine andere Strafkammer des Landgerichts Meiningen neu befinden.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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