21.11.2024
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Dokument-Nr. 7326

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Urteil22.01.2009Bundesgerichtshof I ZR 19/07 - Motezuma
Vorinstanzen:
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil17.05.2006, 12 O 538/05
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil16.01.2007, 20 U 112/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil22.01.2009

Streit ums Vivaldi-Oper "Motezuma": BGH zu den Voraussetzungen ein Verwer­tungsrecht als Herausgeber der Erstausgabe beanspruchen zu könnenSing-Akademie verliert Streit über Vivaldi-Oper "Motezuma" - Keine Verwer­tungs­rechte, da nicht Herausgeber der Erstausgabe

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Werk bislang "nicht erschienen" ist mit der Folge, dass dem Herausgeber der Erstausgabe ein Verwer­tungsrecht nach § 71 UrhG zusteht.

Im Handschrif­ten­archiv der Klägerin, der Sing-Akademie zu Berlin, wurde im Jahre 2002 die Komposition des 1741 verstorbenen Komponisten Antonio Vivaldi zur Oper "Motezuma" entdeckt. Die Oper war im Jahre 1733 unter Leitung Vivaldis am Teatro S: Angelo in Venedig uraufgeführt worden. Während das Libretto der Oper bekannt blieb, galt die Komposition lange als verschollen. Die Klägerin gab Faksimilekopien der aufgefundenen Handschrift heraus. Sie ist der Ansicht, sie habe damit als Herausgeberin der Erstausgabe des Werkes ("editio princeps") nach § 71 UrhG das ausschließliche Recht zur Verwertung dieser Komposition erworben. Nach dieser Bestimmung steht demjenigen ein solches dem Urheberrecht ähnliches Recht zu, der "ein bislang nicht erschienenes Werk … erstmals erscheinen lässt". Die Klägerin verlangt von der Beklagten, der Veranstalterin des Düsseldorfer Kulturfestivals "Altstadtherbst", Schadensersatz, weil diese die Oper im September 2005 in Düsseldorf ohne ihre Zustimmung aufgeführt hat. Landgericht und Berufungs­gericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin beim BGH hatte keinen Erfolg.

BGH: Wer als Herausgeber der Erstausgabe ein Verwer­tungsrecht an dem Werk beansprucht, muss darlegen, dass das Werk bisher nicht erschienen ist

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass derjenige, der als Herausgeber der Erstausgabe ein entsprechendes Verwer­tungsrecht an einem Werk beansprucht, grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass dieses Werk "nicht erschienen" ist. Da es in aller Regel schwierig ist, das Nichtvorliegen einer Tatsache darzulegen und nachzuweisen - zumal das Nicht­er­schie­nensein eines jahrhun­der­tealten Werkes - kann der Anspruchsteller sich allerdings zunächst auf die Behauptung beschränken, das Werk sei bislang nicht erschienen. Es ist dann Sache der Gegenseite, die Umstände darzulegen, die dafür sprechen, dass das Werk doch schon erschienen ist. Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er diese Umstände widerlegt.

BGH geht davon aus, dass die Komposition schon im Jahr 1733 erschienen ist

Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin - so der Bundes­ge­richtshof - nicht hinreichend dargelegt, dass Vivaldis Komposition zur Oper "Motezuma" "nicht erschienen" ist. Ein Werk ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhG erschienen, wenn Verviel­fäl­ti­gungs­stücke "in genügender Anzahl" der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind. Das ist der Fall, wenn die Zahl der Kopien ausreicht, um dem interessierten Publikum die Kenntnisnahme des Werkes zu ermöglichen. Danach ist - so der Bundes­ge­richtshof - davon auszugehen, dass die Komposition zur Oper "Motezuma" bereits im Jahre 1733 "erschienen" ist. Aus den von den Parteien vorgelegten Stellungnahmen namhafter Musik­wis­sen­schaftler geht hervor, dass damals die für venezianische Opernhäuser angefertigten Auftragswerke - und um ein solches handelte es sich bei der Oper "Motezuma" - üblicherweise nur während einer Spielzeit an dem jeweiligen Opernhaus aufgeführt wurden; zudem wurde regelmäßig ein Exemplar der Partitur bei dem Opernhaus hinterlegt, von dem - wie allgemein bekannt war - Interessenten (etwa auswärtige Fürstenhöfe) Abschriften anfertigen lassen konnten. Ob es sich auch im Falle der Oper "Motezuma" so verhalten hat, kann zwar heute nicht mehr festgestellt werden. Da die Klägerin jedoch keine Anhaltspunkte für einen abweichenden Ablauf vorgetragen hat, besteht auch in diesem Fall eine hohe Wahrschein­lichkeit, dass bereits mit der Übergabe des Notenmaterials an die Beteiligten der Uraufführung und der Hinterlegung eines Exemplars der Partitur bei dem Opernhaus alles getan war, um dem venezianischen Opernpublikum und möglichen Interessenten an Parti­tu­r­ab­schriften ausreichend Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Komposition zu geben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 18/09 des BGH vom 23.01.2009

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