18.10.2024
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Dokument-Nr. 32752

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Bundesfinanzhof Urteil18.01.2023

Organschaft im Umsatz­steu­errechtBFH bestätigt Umsatz­steuer­schuldner­schaft des Organträgers

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei die Organschaft betreffenden Entscheidungen zum einen seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung geändert und zum anderen ein neues Vorab­entscheidungs­ersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet. Beide Entscheidungen sind nach Vorab­ent­scheidung durch den EuGH ergangen.

In dem Verfahren –XI R 29/22 sieht der BFH die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatz­steu­er­ge­setzes (UStG) ergebende Steuer­schuld­ner­schaft des Organträgers für die Umsätze der Organschaft entgegen früheren Zweifeln weiterhin als unionsrechtskonform an. Die vom EuGH hierfür genannten Bedingungen (Willens­durch­setzung und keine Gefahr von Steuerausfällen) werden gewährleistet, da der BFH schon bisher die Möglichkeit der Willens­durch­setzung verlangt und die Organ­ge­sell­schaft nach § 73 der Abgabenordnung für die Umsatzsteuer des Organträgers haftet.

Änderung der Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung

Im Hinblick auf das Kriterium der Willens­durch­setzung ändert der BFH allerdings seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung. Für das Bestehen einer Organschaft ist zwar weiter im Grundsatz erforderlich, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organ­ge­sell­schaft zusteht. Die finanzielle Eingliederung liegt nunmehr aber auch dann vor, wenn der Gesellschafter zwar über nur 50 % der Stimmrechte verfügt, die erforderliche Willens­durch­setzung bei der Organ­ge­sell­schaft aber dadurch gesichert ist, dass er eine Mehrheits­be­tei­ligung am Kapital der Organ­ge­sell­schaft hält und er den einzigen Geschäftsführer der Organ­ge­sell­schaft stellte.

Erneute EuGH-Vorlage zur Nicht­steu­er­barkeit sog. Innenumsätze

Mit dem Beschluss vom 26.01.2023 – V R 20/22 (V R 40/19) soll geklärt werden, ob an der bisherigen Annahme der Nichtsteuerbarkeit sog. Innenumsätze weiter festzuhalten ist. Es handelt sich um das bereits zweite Vorabentscheidungsersuchen in dieser Sache, bei dem es nunmehr um eine Frage geht, die aufgrund der ersten Entscheidung des EuGH in diesem Verfahren zweifelhaft geworden ist. Es handelt sich um das bereits zweite Vorab­ent­schei­dungs­er­suchen in dieser Sache, bei dem es nunmehr um eine Frage geht, die aufgrund der ersten Entscheidung des EuGH in diesem Verfahren zweifelhaft geworden ist. Nach einer vor einhundert Jahren vom Reichsfinanzhof begründeten Rechtsprechung, die später vom Gesetzgeber in das UStG übernommen wurde, unterliegen Umsätze zwischen den Mitgliedern einer Organschaft nicht der Umsatzsteuer, weil die Organ­ge­sell­schaft als "unselbständiger" Teil im Gesamt­un­ter­nehmen des übergeordneten Organträgers angesehen wird. Zweifel an dieser Betrachtung ergeben sich daraus, dass der EuGH die Organ­ge­sell­schaft als selbständig ansieht und die Organschaft nach seiner Rechtsprechung nicht zur Gefahr von Steuerverlusten führen darf. Letzteres könnte zu bejahen sein, wenn der die Leistung von der Organ­ge­sell­schaft beziehende Organträger, wie im konkreten Streitfall, nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Weitreichende Folgen für nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmen

Sollte der EuGH entscheiden, dass Innenumsätze entgegen der ständigen BFH-Rechtsprechung steuerbar sind, hätte dies weitreichende Folgen. Umsatz­steu­er­rechtlich dient die Organschaft als Gestal­tungs­in­strument für Unternehmer, die nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind (z.B. Banken und Versicherungen, Unternehmer im Gesundheits- und Sozialwesen und im Bildungsbereich sowie Vermieter von Wohnungen). Nichtabziehbare Vorsteu­er­beträge lassen sich bislang für derartige Unternehmen dadurch vermeiden, dass sie mit Dienstleistern Organschaften begründen, so dass die bezogenen Leistungen nicht steuerbar sind.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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