23.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil19.05.2021

Bei privaten Renten kann es systembedingt nicht zu einer doppelten Besteuerung kommenBundesfinanzhof zur sog. doppelten Besteuerung von Renten II

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer zweiten Entscheidung zahlreiche weitere Streitfragen zum Problem der sog. doppelten Renten­be­steuerung geklärt. Er hat nicht nur über die Behandlung von Leistungen aus der freiwilligen Höher­ver­si­cherung zur gesetzlichen Altersrente und Fragen der sog. Öffnungsklausel entschieden. Er hat auch klargestellt, dass es bei Renten aus privaten Kapital­anlage­produkten außerhalb der Basisversorgung (kurz: privaten Renten), die – anders als gesetzliche Altersrenten – lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt keine Doppel­be­steuerung geben kann. Zudem hat er entschieden, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Renten­frei­beträge des Rentenbeziehers gehören, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinter­bliebenen­rente. Die Revision der Kläger, die eine doppelte Besteuerung eines Teils der bezogenen Renten beanstandet hatten, blieb ohne Erfolg.

Der Kläger war als Zahnarzt Pflichtmitglied eines berufs­s­tän­dischen Versor­gungswerks, blieb allerdings freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung. Er erhielt im Streitjahr 2009 von der Deutschen Renten­ver­si­cherung Bund eine Altersrente und Zusatz­leis­tungen aus der dortigen Höher­ver­si­cherung. Zudem bezog er mehrere „Rürup“-Renten, ebenso zahlreiche Renten aus privaten Kapita­l­an­la­ge­pro­dukten. Das Finanzamt setzte für die gesetzliche Altersrente einschließlich der Leistungen der Höher­ver­si­cherung den sich nach der gesetzlichen Überg­angs­re­gelung ergebenden Besteu­e­rungs­anteil von 58 % an. 42 % der ausgezahlten Rente blieben steuerfrei. Im Hinblick auf die hohen Beitrags­leis­tungen des Klägers in zwei Versor­gungs­systeme wandte das Finanzamt die sog. Öffnungsklausel an. Diese ermöglicht es, in bestimmten Konstellationen die Rente zumindest teilweise mit dem günstigeren Ertragsanteil zu versteuern. Die „Rürup“-Renten des Klägers brachte das Finanzamt mit dem Besteu­e­rungs­anteil, die sonstigen privaten Leibrenten – wie vom Gesetz vorgesehen – mit dem Ertragsanteil in Ansatz. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Kläger bemängeln Doppel­be­steuerung der freiwilligen Höher­ver­si­cherung

Die Kläger hielten die Entscheidung der Vorinstanz aus mehreren Gründen für unzutreffend. Sie meinten die gesetzliche Altersrente, eine der „Rürup“-Renten und diverse Renten aus privaten Versicherungen würden unzuläs­si­gerweise doppelt besteuert, weil nach ihren Berechnungen die aus versteuertem Einkommen erbrachten Beiträge höher seien als der steuerfreie Teil der zu erwartenden Rentenzahlungen. Der BFH sah dies anders. Er entschied, dass die Leistungen aus der freiwilligen Höher­ver­si­cherung zur gesetzlichen Altersrente (§ 269 Abs. 1 SGB VI) als Teil der Rente einheitlich mit den regulären Rentenbezügen zu versteuern sind. Dass jene Leistungen sozia­l­ver­si­che­rungs­rechtlich zu einer überdurch­schnitt­lichen Versorgung aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung führen und ausschließlich aus eigenen Beiträgen des Versicherten finanziert wurden, erachtete der BFH als unerheblich.

Anwendung der gesetzlichen Öffnungsklausel nur auf Antrag

Dagegen teilte der BFH die Auffassung der Kläger, dass die gesetzliche Öffnungsklausel, die bei überob­li­ga­torisch hohen Einzahlungen in ein Alters­vor­sor­ge­system der Gefahr einer doppelten Besteuerung von Renten vorbeugen soll, nach dem eindeutigen Geset­zes­wortlaut nur auf Antrag des Steuer­pflichtigen anwendbar ist. Sie hätte danach im Streitfall keine Anwendung finden dürfen, weil die Kläger keinen entsprechenden Antrag gestellt hatten. Trotzdem blieb ihre Revision auch in diesem Punkt ohne Erfolg, denn die unzutreffende Anwendung der Öffnungsklausel verletzte die Kläger nicht in ihren Rechten. Die ihnen durch die Anwendung der Öffnungsklausel zu Unrecht gewährte Entlastung fiel nämlich höher aus als der Betrag, der ohne Geltung der Öffnungsklausel für das Streitjahr als doppelt besteuert anzusehen wäre. Die Frage, ob Steuer­pflichtige, die bewusst keinen Antrag auf Anwendung der gesetzlichen Öffnungsklausel zur niedrigeren Besteuerung ihrer Altersrente stellen, überhaupt eine doppelte Besteuerung rügen können, musste daher offen bleiben.

Keine doppelte Besteuerung durch Ertrags­an­teils­be­steuerung

Der BFH stellte zudem klar, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Renten-freibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinter­blie­be­nenrente zu rechnen sind. Im Streitfall war daher auch der steuerfrei bleibende Teil einer späteren – bei statistischer Betrachtung wahrschein­lichen – Witwenrente der Klägerin zu berücksichtigen. Regelmäßige Anpassungen einer der Basisversorgung dienenden gesetzlichen oder „Rürup“-Rente sind nach Auffassung des BFH auch in der Übergangsphase in voller Höhe und nicht – wie von dem Kläger begehrt – mit dem geringeren individuellen Besteu­e­rungs­anteil zu berücksichtigen. Der BFH bestätigte insoweit seine bisherige Rechtsprechung. Hinsichtlich der streitigen Renten des Klägers aus privaten Kapita­l­an­la­ge­pro­dukten außerhalb der Basisversorgung konnte der BFH keine doppelte Besteuerung feststellen. Die für diese Renten geltende Ertrags­an­teils­be­steuerung kann nach Ansicht des BFH bereits systematisch keine doppelte Besteuerung hervorrufen, weil der durch das Gesetz festgelegte Ertragsanteil in zulässiger Weise die Verzinsung der Kapita­l­rü­ck­zahlung für die gesamte Dauer des Rentenbezugs typisiert. Diese Art der Besteuerung verlangt nicht, dass die Beitrags­zah­lungen in der Ansparphase steuerfrei gestellt werden.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/aw)

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