15.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil07.11.2013

BFH stellt allgemeine Leitlinien für Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer finanz­ge­richt­licher Verfahren aufKlage wegen überlanger Dauer eines finanz­ge­richt­lichen Verfahrens erfolgreich

Der Bundesfinanzhof hat erneut über einen Entschädigungs­anspruch entschieden, der wegen der überlangen Dauer eines finanz­ge­richt­lichen Klageverfahrens geltend gemacht worden war.

In der aktuellen Entscheidung hat der für alle Entschä­di­gungs­klagen aus dem Bereich der Finanz­ge­richts­barkeit in erster und letzter Instanz zuständige X. Senat des BFH erstmals allgemeine Leitlinien für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer finanz­ge­richt­licher Verfahren aufgestellt.

Ausgangsgericht steht erheblicher Spielraum für die Gestaltung des Verfahrens zu

Danach ist der Anspruch auf eine zügige Erledigung des Rechtsstreits stets abzuwägen mit dem Anspruch auf eine möglichst weitgehende inhaltliche Richtigkeit und eine möglichst hohe Qualität gerichtlicher Entscheidungen, dem Grundsatz der Unabhängigkeit der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter. Dem Ausgangsgericht steht ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens zu. Mit zunehmender Verfahrensdauer verdichtet sich allerdings die Pflicht, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen.

Angemes­sen­heits­ver­mu­tungen für bestimmte Abschnitte des Verfahrens

Da die gesetzliche Regelung (§ 198 des Gerichts­ver­fas­sungs­ge­setzes) den konkreten Einzelfall in den Vordergrund stellt, können keine festen Fristen bezeichnet werden, in denen ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein muss. Angesichts der im Vergleich zu anderen Gerichts­ba­r­keiten relativ homogenen Fallstruktur in der Finanz­ge­richts­barkeit können jedoch für bestimmte Abschnitte des Verfahrens in zeitlicher Hinsicht Angemessenheitsvermutungen aufgestellt werden. Bei finanz­ge­richt­lichen Klageverfahren, die im Vergleich zu dem bei derartigen Verfahren typischen Ablauf keine wesentlichen Besonderheiten aufweisen, spricht eine Vermutung für die Angemessenheit der Verfahrensdauer, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene "aktive" Phase des gerichtlichen Handelns nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt.

Überdurch­schnitt­licher Bearbei­tungs­zeitraum aufgrund eines schweren Sachverhalts

Im konkreten Fall war ein Klageverfahren, mit dem ein höherer Kinder­geldan­spruch geltend gemacht wurde, insgesamt acht Jahre und neun Monate beim Finanzgericht anhängig. Da der Fall in rechtlicher Hinsicht schwierig war und Sachver­halt­s­er­mitt­lungen im Ausland erforderte, war dem Finanzgericht hier ein überdurch­schnittlich langer Zeitraum zur Bearbeitung des Verfahrens einzuräumen. Gleichwohl hat der Bundesfinanzhof bei einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls eine Verzögerung um insgesamt 43 Monate angenommen, weil das Verfahren, auch wegen mehrfachen Wechsels des zuständigen Berich­t­er­statters, immer wieder über längere Zeiträume unbearbeitet geblieben ist.

Entschä­di­gungs­an­spruch besteht

Der Bundesfinanzhof hat hier zunächst durch Zwischenurteil nur über den Entschä­di­gungs­an­spruch dem Grunde nach entschieden und diesen bejaht. Die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung ist dem noch ausstehenden Endurteil vorbehalten.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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