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Urteil30.01.2018BundesfinanzhofVIII R 75/13, VIII R 42/15, VIII R 15/16
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Bundesfinanzhof Urteil30.01.2018

Keine Kapita­l­er­trag­steuer auf Rücklagen bei RegiebetriebenRegiebetriebe dürfen Rücklage bilden

Gemeinden dürfen bei ihren Regiebetrieben Rücklagen bilden, die bis zu ihrer Auflösung die Kapita­l­er­trag­steuer mindern. Dies entschied der Bundesfinanzhof und wendet sich damit gegen die Auffassung der Finanz­ver­waltung, die dies von weiteren Voraussetzungen abhängig macht. Das Urteil ist für die öffentliche Hand im Rahmen des Wettbewerbs ihrer wirtschaft­lichen Tätigkeiten mit privat­wirtschaft­lichen Unternehmen von großer praktischer Bedeutung.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte die klagende Stadt die handels­recht­lichen Jahres­über­schüsse ihres Betriebs gewerblicher Art Schwimmbäder, der als Regiebetrieb geführt wurde, in den Jahren 2005 und 2006 als Gewinnvortrag ausgewiesen. Die Gewinne stammten maßgeblich aus Dividen­den­ein­nahmen, die zwar auf das Bankkonto der Klägerin flossen, aber vom Betrieb gewerblicher Art in einem verzinsten Verrech­nungskonto erfasst waren. Die Klägerin ging davon aus, dass insoweit keine der Kapita­l­er­trag­steuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlagen. Zu diesen gehört nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) nur der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines Betriebs gewerblicher Art ohne eigene Rechts­per­sön­lichkeit. Das Finanzamt und das Finanzgericht erkannten demgegenüber die Gewinnvorträge nicht als Rücklage i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG an, so dass es zu einer Nachforderung von Kapita­l­er­trag­steuer kam.

Gesetz sieht keine Differenzierung zwischen Eigen- und Regiebetrieben vor

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts und die angegriffenen Nachfor­de­rungs­be­scheide auf. Er entschied, dass Regiebetriebe eine Rücklage bilden dürfen, auch wenn ihre Gewinne - abweichend zu Eigenbetrieben - unmittelbar in den Haushalt der Träger­kör­per­schaft fließen. Denn das Gesetz sehe keine Differenzierung zwischen Eigen- und Regiebetrieben vor und die Ausschüt­tungs­be­steuerung der Betriebe gewerblicher Art habe ohnehin nur fiktiven Charakter. Damit wendet sich der Bundesfinanzhof gegen die Auffassung der Finanz­ver­waltung (Schreiben des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen vom 9. Januar 2015 IV C 2 -S 2706- a/13/10001, BStBl I 2015, 111). Danach sollte im Gegensatz zu Eigenbetrieben bei Regiebetrieben eine Rückla­gen­bildung nur zulässig sein, wenn die Zwecke des Betriebs gewerblicher Art ohne die Rückla­gen­bildung nicht erfüllt werden können. Nach dem Urteil des Bundes­fi­nanzhofs ist dem nicht zu folgen, da hierfür keine gesetzliche Grundlage besteht. Darüber hinaus kommt es auch nicht auf eine haushalts­rechtliche Mittel­re­ser­vierung an. Für die steuerliche Anerkennung reicht vielmehr jedes "Stehenlassen" der handels­recht­lichen Gewinne als Eigenkapital aus, sofern anhand objektiver Umstände nachvollzogen und überprüft werden kann, dass dem Regiebetrieb die entsprechenden Mittel weiterhin als Eigenkapital zur Verfügung stehen. Kommt es in diesem Zusammenhang zu Liqui­di­täts­ab­f­lüssen an die Träger­kör­per­schaft, sind die für Kapital­ge­sell­schaften und deren Allein­ge­sell­schafter entwickelten Grundsätze über verdeckte Gewin­n­aus­schüt­tungen entsprechend anwendbar.

Grundsätze zur Bildung von Rücklagen für Regiebetriebe kommunaler Gebiets­kör­per­schaften finden auch bei Regiebetrieben einer Verbands­kör­per­schaft Anwendung

Die Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Kapita­l­er­trag­steu­erabzug bei Betrieben gewerblicher Art wird durch zwei weitere Urteile des Bundes­fi­nanzhofs vom 30. Januar 2018 ergänzt. Zum einen hat der Bundesfinanzhof im Urteil VIII R 75/13 entschieden, dass bei dem Regiebetrieb einer kommunalen Gebiets­kör­per­schaft die Gewinne des Jahres 2001 auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie zunächst in die Rücklagen eingestellt, dann aber in einem späteren Veran­la­gungs­zeitraum wieder aufgelöst werden. Diese nur für die Gewinne des Jahres 2001 geltende Steuerfreiheit folge aus der Formulierung der zeitlichen Anwen­dungs­re­gelung bei Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchs. b EStG. Zum anderen hat der Bundesfinanzhof im Urteil VIII R 15/16 entschieden, dass die für Regiebetriebe kommunaler Gebiets­kör­per­schaften entwickelten Grundsätze zur Bildung von Rücklagen auch bei Regiebetrieben einer Verbands­kör­per­schaft Anwendung finden.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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