21.11.2024
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Urteil11.07.2023BundesfinanzhofVII R 10/20
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Bundesfinanzhof Urteil11.07.2023

BFH: Anonymitäts­grundsatz und Überdenkungs­verfahren in der schriftlichen Steuer­berater­prüfungDurchführung schriftlicher Prüfungs­a­r­beiten auch ohne Anonymisierung rechtmäßig

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat weitere Klarheit in Bezug auf die rechtlichen Rahmen­be­din­gungen der Steuer­berater­prüfung geschaffen. Die Entscheidung bestätigt die Rechtmäßigkeit der Möglichkeit, die schriftlichen Prüfungs­a­r­beiten ohne Verwendung eines anonymisierten Kennzah­len­systems anfertigen zu lassen. Des Weiteren hebt der BFH hervor, dass das Überdenkungs­verfahren eine eigenständige und unabhängige Überprüfung durch die hierfür zuständigen Prüfer erfordert und dass eine gemeinsam abgestimmte Überdenkung von Klausuren durch eine Prüfermehrheit unzulässig ist.

Die Klägerin des Streitfalls nahm an der Steuer­be­ra­ter­prüfung 2015 teil. Die für das entsprechende Bundesland zuständige Steuer­be­ra­ter­kammer machte von der in § 18 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuer­be­voll­mächtigte und Berufs­aus­übungs­ge­sell­schaften (DVStB) vorgesehenen Option, die schriftlichen Aufsichts­a­r­beiten unter Verwendung einer anonymen Kennzahl schreiben zu lassen, keinen Gebrauch, sodass der Name des Prüflings auf den Klausuren anzugeben und den Korrektoren mithin bei der Bewertung der Arbeiten bekannt war. Wegen nicht ausreichender schriftlicher Prüfungs­leis­tungen verweigerte die prüfende Steuer­be­ra­ter­kammer der Klägerin die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Sie ersuchte die jeweiligen Erst- und Zweitprüfer daraufhin um eine Überprüfung der Bewertung im Rahmen eines Überden­kungs­ver­fahrens. Hinsichtlich einer der drei Klausuren gaben die betreffenden Prüfer im Zuge dessen eine gemeinsame, zwischen ihnen abgestimmte Stellungnahme zu den Einwendungen der Klägerin ab. Weder das verwal­tungs­interne Überden­kungs­ver­fahren noch die parallel vor dem Finanzgericht geführte Klage gegen das Prüfungs­er­gebnis hatten Erfolg.

Schriftliche Steuer­be­ra­ter­prüfung muss nicht anonym erfolgen

Der BFH gab der Klägerin zum Teil Recht und verpflichtete die Beklagtenseite, die gemeinsam überdachte Klausur durch andere Prüfer neu bewerten zu lassen. Im Übrigen wies er die Revision als unbegründet zurück. Er urteilte, dass § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB mit Verfas­sungsrecht vereinbar ist. Der prüfungs­rechtliche Grundsatz der Chancen­gleichheit unter besonderer Berück­sich­tigung des Verbots geschlechts­s­pe­zi­fischer Diskriminierung gebiete kein anonymisiertes Kennzah­len­system für die Durchführung der schriftlichen Steuer­be­ra­ter­prüfung. Statistische Belege für die Annahme der Klägerin, dass die Verwendung des Namens in der Steuer­be­ra­ter­prüfung zu geschlechts­s­pe­zi­fischer Benachteiligung führe, seien nicht vorhanden.

Abstimmung und Beratung allenfalls im Nachgang zulässig

Die zwischen Erst- und Zweitprüfer abgestimmte gemeinsame Überdenkung ihrer Bewertung war hingegen verfah­rens­feh­lerhaft. Der objek­ti­vi­täts­stei­gernde Effekt der Einschaltung einer Prüfermehrheit werde durch die Zulassung gemeinsamer Beurteilungen zu einem erheblichen Teil wieder zunichte gemacht. Deshalb sei eine solche Abstimmung – anders als eine eigenständige, aber „offene“ Überdenkung in Kenntnis des vom anderen Prüfer gefundenen Ergebnisses – allenfalls im Nachgang zu einer schriftlichen Fixierung des Überden­kungs­er­geb­nisses zulässig.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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