21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil11.10.2023

Berliner Testament kann bei der Steuer nachteilig seinSteuerliche Nachteil durch Jastrowsche Klausel nicht zu beanstanden

Setzen Ehegatten in einem sog. Berliner Testament ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder aus, die beim Tod des Erstver­storbenen ihren Pflichtteil nicht fordern (sog. Jastrowsche Klausel), kann der überlebende Ehegatte als Erbe des erstvers­ter­benden Ehegatten die Vermächtnis­verbindlichkeit nicht als Nachlass­verbindlichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist. Das berechtigte Kind hat den Erwerb des betagten Vermächtnisses bei dem Tod des länger lebenden Ehegatten zu versteuern. Ist das Kind aufgrund der Anordnung des Berliner Testaments auch Schlusserbe nach dem länger lebenden Ehegatten geworden, kann es bei der Ermittlung des steuer­pflichtigen Erwerbs von dem überlebenden Ehegatten die dann fällig gewordene Vermächtnis­verbindlichkeit als Nachlass­verbindlichkeit in Abzug bringen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Im Streitfall errichteten die Eltern der Klägerin zunächst ein sogenanntes Berliner Testament. Mit diesem in der Praxis häufig vorkommenden Testament setzten sich die Eltern gegenseitig zu Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern ein. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt. Überdies enthielt das Testament eine sog. Jastrowsche Klausel. Diese regelte, dass für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des zuerst sterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten soll. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstver­storbenen nicht fordern, sollten bei Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstver­storbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten. Die enterbten Geschwister der Klägerin machten nach dem Tod des erstver­storbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Klägerin erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Ver-mächtnis, dass mit dem Tod der Mutter fällig wurde. Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter fest. Das Vermächtnis rechnete es weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlass­ver­bind­lichkeit in Abzug gebracht. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlass­ver­bind­lichkeit abzugsfähig. Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet zurück.

Vermächtnis wurde nicht doppelt besteuert

Der BFH schloss sich dieser Auffassung an und verneinte, dass im Streitfall das Vermächtnis bei der Klägerin doppelt besteuert worden sei. Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst einmal besteuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert, das heißt einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war, auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächt­nis­ver­bind­lichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen, weil sie mangels Fälligkeit diese Schuld nicht zu begleichen hatte. Nach dem Tod der Mutter hatte die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Dort konnte sie die dann fällig gewordene Vermächt­nis­ver­bind­lichkeit als Nachlass­ver­bind­lichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung.

Nachteilige steuerliche Folgen zwar ungünstig - aus rechtlicher Sicht aber nicht zu beanstanden

Dass bezüglich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht –einmal (ohne Abzugs­mög­lichkeit als Nachlass­ver­bind­lichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mutter- ist für die Steuer­pflichtigen zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht ist das aber nicht zu beanstanden. Es liegt an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, die –um den überlebenden Ehegatten mit ausreichend Liquidität auszustatten– das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstver­storbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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