23.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil06.11.2019

Vergebliche Prozesskosten können als Nachlass­verbind­lich­keiten bei der Erbschaftsteuer abgezogen werdenFaktische “Steuerfreiheit” bei misslungener Rückforderung steht Abzug nicht entgegen

Erst kein Glück, dann noch Pech: Der Erblasser gibt zu Lebzeiten sein Vermögen weg; ein nach dem Erbfall vom Erben angestrengter Prozess auf Rückgabe geht verloren und schließlich versagen Finanzamt (FA) und Finanzgericht auch noch den Abzug der Prozesskosten bei der Erbschaftsteuer – so geschehen im Fall des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) vom 06.11.2019 – II R 29/16. Das höchste deutsche Steuergericht ist dem nun entge­gen­ge­treten: Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, sind als Nachlass­regelungs­kosten vom Erwerb von Todes wegen abzugsfähig.

Der 1999 verstorbene Erblasser hatte seine Porzel­lan­sammlung 1995 einem städtischen Museum geschenkt. Die Erben forderten nach seinem Tod von der Stadt die Rückgabe der Sammlung mit der Begründung, dass der Erblasser bei der Schenkung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Die Klage und die eingelegten Rechtsmittel waren jedoch erfolglos und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie machten daher die Kosten bei der Erbschaftsteuer als Nachlass­ver­bind­lichkeit steuermindernd geltend. Weil dies vom FA jedoch abgelehnt wurde, zogen die Erben erneut vor Gericht. Und diesmal mit Erfolg.

Prozesskosten als Nachlass­ver­bind­lich­keiten absetzbar

Der BFH begründete seine Entscheidung mit § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaft­steu­er­ge­setzes (ErbStG). Danach sind als Nachlassverbindlichkeiten u.a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Regelung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Zu diesen Ausgaben können auch Kosten zählen, die der Erbe durch die gerichtliche Geltendmachung von (vermeintlichen) zum Nachlass gehörenden Ansprüchen des Erblassers zu tragen hat. Die Kosten müssen in engem zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses anfallen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG). § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG steht dem Abzug der Prozesskosten als Nachlass­ver­bind­lich­keiten nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaft­lichem Zusammenhang mit Vermö­gens­ge­gen­ständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. Die Vorschrift gilt nur für vom Erblasser begründete Schulden und Lasten und ist deshalb nicht auf Nachlass­re­ge­lungs­kosten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG anwendbar.

Kosten müssen Einzeln nachgewiesen werden

Vergebliche Prozesskosten für die Rückholung der Porzel­lan­sammlung des Erblassers sind damit grundsätzlich abzugsfähig; sie müssen aber im Einzelnen nachgewiesen werden. Das Gleiche gilt für die Kosten der anwaltlichen Vertretung.

Kein Abzug von Prozesskosten für Schaden­s­er­satz­for­de­rungen

Wie der BFH weiter entschied, ist dagegen der Abzug von Prozesskosten ausgeschlossen, die dem Erben entstanden sind, weil er Schadensersatz wegen verspäteter Räumung und Herausgabe einer geerbten Wohnung vom Mieter verlangt hat. Bei diesen Ausgaben handelt es sich um nicht abzugsfähige Kosten der Nachlass­ver­wertung (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG).

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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