Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie ordnete für Mitarbeiter im Bereich des Warm- und Kaltwalzens von Aluminium das Tragen spezieller Schutzausrüstung an. Die Arbeitskleidung musste vor Aufsuchen des Arbeitsplatzes in einer Umkleide auf dem Betriebsgelände angelegt werden. Mittels einer tarifvertraglichen Regelung war die Vergütung für die zum An- und Ablegen der Arbeitskleidung erforderliche Zeit sowie die damit verbundenen innerbetrieblichen Wegezeiten ausgeschlossen. Trotz dieser tarifvertraglichen Regelung vergütete das Unternehmen die Umkleide- und Wegezeiten für die Mitarbeiter, die ihre Arbeit regelmäßig in privater Kleidung verrichten dürfen und nur dann die Schutzausrüstung anlegen mussten, wenn sie einen entsprechenden Arbeitsbereich aufsuchen mussten. Ein Arbeitnehmer, dessen Umkleide- und Wegezeiten nicht vergütet wurden, hielt dies für ungerecht und klagte gegen seine Arbeitgeberin auf Vergütung der Zeiten.
Während das Arbeitsgericht Hamburg die Klage abwies, gab ihr das Landesarbeitsgericht Hamburg statt. Die Regelung des Tarifvertrags, wonach die Vergütung der Umkleidezeit ausgeschlossen ist, sei wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) unwirksam. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Arbeitgeberin.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und wies daher die Revision der Arbeitgeberin zurück. Dem Arbeitnehmer stehe ein Anspruch auf Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten zu. Zwar sei die Vergütung der als Arbeitszeit zu qualifizierenden Umkleide- und Wegezeiten durch den Tarifvertrag wirksam ausgeschlossen. Jedoch sei die Arbeitgeberin aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, die Zeiten, die der Arbeitnehmer für das An- und Ablegen der Schutzausrüstung benötige, einschließlich der Wegezeiten zu vergüten.
Indem die Arbeitgeberin Arbeitnehmern, die sich während einer Schicht umkleiden, nicht aber Arbeitnehmern, die sich vor Antritt oder nach Beendigung der Schicht umkleiden, die Umkleidezeiten vergütet, verstoße sie nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsrundsatz. Dies habe zur Folge, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten habe.
Die Ungleichbehandlung sei auch nicht gerechtfertigt, so das Bundesarbeitsgericht. Soweit die Arbeitnehmerin darauf hinwies, Arbeitnehmer, die sich während der Schicht umkleiden, müssten sonst während der Schicht am Zeiterfassungsterminal aus- und einstempeln, sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen damit ein organisatorisches Problem oder eine erhebliche Belastung der betroffenen Arbeitnehmer einhergehen solle.
Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Regelung wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 ArbSchG sei nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts unzutreffend. Selbst wenn das An- und Ablegen der Schutzausrüstung zum Arbeitsschutz gehöre, führe die Regelung des Tarifvertrags nicht zu Kosten, die die Arbeitgeberin den Arbeitnehmern auferlege. Denn Auferlegen könne der Arbeitgeber nur Kosten, die ihm zuvor entstanden seien. Dies sei bei Zeiten, die der Arbeitnehmer zum Umkleiden aufwende, aber nicht der Fall.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.05.2018
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)