18.10.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil29.04.2015

Auch gemeinnütziger Verein muss sich bei Ausbildungs­vergütung an Tariflöhnen orientierenBGH zur Angemessenheit der Ausbildungs­vergütung nach der Verkehrs­an­schauung

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass allein der Status der Gemein­nüt­zigkeit es nicht rechtfertigt, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungs­vergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen. Eine durch Spenden Dritter finanzierte Ausbildungs­vergütung, die mehr als 20 % unter den tariflichen Sätzen liegt, ist allerdings noch nicht zwingend unangemessen. Vielmehr kann der Ausbildende die darauf gerichtete Vermutung widerlegen, indem er darlegt, dass besondere Umstände die niedrigere Ausbildungs­vergütung rechtfertigen.

Ausbildende haben Auszubildenden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG eine angemessene Vergütung zu gewähren. Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrs­an­schauung. Wichtigster Anhaltspunkt für diese sind die einschlägigen Tarifverträge. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte um mehr als 20 % unterschreitet. Handelt es sich bei dem Ausbildenden um eine gemeinnützige juristische Person, rechtfertigt allein der Status der Gemeinnützigkeit es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbil­dungs­ver­gütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen.

Kläger erhält vom Ausbil­dungs­betrieb nur rund 55 % der Ausbil­dungs­ver­gütung nach den Tarifverträgen

Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung der qualifizierten Berufs­aus­bildung. Dazu schließt er Berufs­aus­bil­dungs­verträge ab. Die Ausbildung der Auszubildenden erfolgt in seinen Mitglieds­be­trieben. Der im September 1990 geborene Kläger bewarb sich im Januar 2008 bei einem solchen Mitglieds­un­ter­nehmen um einen Ausbil­dungsplatz zum Maschinen- und Anlageführer. Der Berufs­aus­bil­dungs­vertrag wurde mit dem Beklagten geschlossen. Die Ausbildung erfolgte in dem Unternehmen, bei dem sich der Kläger beworben hatte. Dieser erhielt während des Ausbil­dungs­ver­hält­nisses vom 1. September 2008 bis zum 7. Februar 2012 nur ca. 55 % der Ausbil­dungs­ver­gütung nach den Tarifverträgen für die Metall- und Elektro­in­dustrie in Bayern. Mit seiner Klage verlangt der Kläger auf der Grundlage der tariflichen Ausbil­dungs­ver­gütung die Zahlung weiterer 21.678,02 Euro brutto.

BGH erklärt Ausbil­dungs­ver­gütung für unangemessen

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Das Landes­a­r­beits­gericht hat mit Recht die Unange­mes­senheit der vom Beklagten gezahlten Ausbil­dungs­ver­gütung festgestellt und entgegen der Ansicht des Beklagten rechts­feh­lerfrei angenommen, dass die Ausbil­dungs­ver­gütung auch eine Entlohnung der geleisteten Arbeit darstellt. Diese kam zwar nicht dem Beklagten selbst, jedoch seinem Mitglieds­un­ter­nehmen zugute. Besondere Umstände, die geeignet sein könnten, trotz des Unterschreitens der tariflichen Ausbil­dungssätze um fast 50 % die Vermutung der Unange­mes­senheit der vom Beklagten gezahlten Ausbil­dungs­ver­gütung zu widerlegen, hat das Landes­a­r­beits­gericht nicht festgestellt. Der Beklagte hat solche Umstände auch nicht dargetan.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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