21.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil23.01.2019

BAG: Sachgrundlose Befristung auch acht Jahre nach früherem Arbeits­ver­hältnis unzulässigBei befristetem Arbeitsvertrag gilt Vor­beschäftigungs­verbot

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeits­ver­hältnis von etwa einein­halb­jähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte. Dies entschied das Bundes­arbeits­gericht

In dem zugrunde liegenden Fall war der Kläger vom 19. März 2004 bis zum 30. September 2005 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig. Mit Wirkung zum 19. August 2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28. Februar 2014 als Facharbeiter ein. Die Parteien verlängerten die Vertrags­laufzeit mehrfach, zuletzt bis zum 18. August 2015. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht geendet hat.

BAG: Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes unzulässig

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeits­ver­hältnis bestanden hat. Im Jahr 2011 hatte das Bundes­a­r­beits­gericht zwar entschieden, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG erfasse in verfas­sungs­kon­former Auslegung nicht solche Vorbe­schäf­ti­gungen, die länger als drei Jahre zurückliegen.

Bundes­a­r­beits­gericht gibt frühere Drei-Jahres-Grenze auf

Diese Rechtsprechung kann jedoch auf Grund der Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 6. Juni 2018 nicht aufrecht­er­halten werden. Danach hat das Bundes­a­r­beits­gericht durch die Annahme, eine sachgrundlose Befristung sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben überschritten, weil der Gesetzgeber eine solche Karenzzeit erkennbar nicht regeln wollte.

Verfas­sungs­konforme Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG notwendig

Allerdings können und müssen die Fachgerichte auch nach der Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts durch verfas­sungs­konforme Auslegung den Anwen­dungs­bereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Ketten­be­fristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeits­ver­hältnis als Regel­be­schäf­ti­gungsform zu erhalten.

Acht Jahren zurückliegendes Arbeits­ver­hältnis ist kein langer Zeitraum

Das Verbot der sachgrundlosen Befristung kann danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbe­schäf­tigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend nicht, insbesondere lag das vorangegangene Arbeits­ver­hältnis acht Jahre und damit nicht sehr lang zurück.

Kein Anspruch auf Berufung frühere Rechtsprechung

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Befristung im Vertrauen auf die im Jahr 2011 ergangenen Entscheidungen des Bundes­a­r­beits­ge­richts vereinbart zu haben. Sie musste bei Abschluss der Verträge mit dem Kläger jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die vom Bundes­a­r­beits­gericht vorgenommene verfas­sungs­konforme Auslegung der Norm vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht keinen Bestand haben könnte.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm)

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