18.10.2024
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Dokument-Nr. 23283

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Urteil13.10.2016Bundesarbeitsgericht3 AZR 439/15
Vorinstanz:
  • Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil08.07.2015, 6 Sa 257/14
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Bundesarbeitsgericht Urteil13.10.2016

Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Betriebsrente stellen keine unzulässige Benachteiligung wegen Behinderung darBAG verneint Verstoß gegen Allgemeines Gleich­behandlungs­gesetz

Sieht eine Versor­gungs­ordnung bei der Inanspruchnahme der Betriebsrente vor Erreichen der üblichen, "festen Altersgrenze" Abschläge vor, liegt darin keine unerlaubte Benachteiligung wegen einer Behinderung. Dies entschied das Bundes­arbeits­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist als schwer­be­hin­derter Mensch anerkannt. Er bezieht seit der Vollendung seines 60. Lebensjahres eine gesetzliche Altersrente für Schwer­be­hinderte und eine Betriebsrente. In der Vergangenheit war bei der Beklagten der ungekürzte Bezug der Betriebsrente möglich, wenn der Arbeitnehmer eine Vollrente aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung erhielt. Auch nach einer Änderung der Versor­gungs­ordnung besteht ein Anspruch auf Betriebsrente, wenn eine Vollrente aus der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung bezogen wird. Jedoch wurde als feste Altersgrenze einheitlich die Vollendung des 65. Lebensjahres festgelegt und gleichzeitig bestimmt, dass für eine vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente ein versi­che­rungs­ma­the­ma­tischer Abschlag von ,4 % pro Monat vorzunehmen ist, soweit die Anwartschaft auf Beschäf­ti­gungs­zeiten nach dem 1. Januar 1996 beruht. Dementsprechend kürzte die Beklagte die Betriebsrente.

Keine mittelbare oder unmittelbare Benachteiligung gemäß AGG

Darin liegt keine gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG) verstoßende Benachteiligung wegen einer Behinderung. Eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 AGG scheidet aus, weil die Abschläge nicht an die Behin­der­te­nei­gen­schaft anknüpfen. Auch andere Arbeitnehmer können früher in Rente gehen. Ebenso scheidet eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG aus. Liegen die Voraussetzungen eines frühen Renteneintritts auch bei nicht schwer­be­hin­derten Arbeitnehmern vor, müssen diese ebenfalls Abschläge hinnehmen. Soweit allein schwer­be­hinderte Menschen die gesetzliche und damit die Betriebsrente früher beanspruchen können, werden sie nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt. Denn es kann keine anderen Arbeitnehmer geben, die zum selben Zeitpunkt eine Betriebsrente beziehen.

LAG muss Wahrung der Grundsätze des Vertrau­ens­schutzes und der Verhält­nis­mä­ßigkeit prüfen

Das klageabweisende Urteil der Vorinstanz war dennoch aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landes­a­r­beits­gericht zurück­zu­ver­weisen. Dieses wird zu prüfen haben, ob für die Änderung der Versor­gungs­ordnung sachlich-proportionale Gründe vorlagen und damit die Grundsätze des Vertrau­ens­schutzes und der Verhält­nis­mä­ßigkeit gewahrt sind.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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